
Tag 2 im Hohen Norden Vietnams oder Reisschnaps ohne Grenzen
Ist das China? Nur mal schauen…und Flucht zurück nach Vietnam… eine gutausgegangene Neugierde auf der Suche nach Neuland…
Mittwoch, 20.12.2017
Yen Minh – Tham Ma – Chin Khoanh – Sung La – Palast des Königs – chinesische Grenze – Lung Cu – Dong Van & seine Burg
MEIN MOTTO DES HEUTIGEN TAGES:
NICHTS UND WIEDER NICHTS KANN DAS BEZAHLEN WAS AUTHENTISCH IST UND WIRKLICH IN UNSEREM LEBEN STATTFINDET…
In einem grossen Saal sind wir eingeschlafen, in einem grossen Saal sind wir alle aufgewacht…2 Russen oder besser gesagt Israelis, 2 Franzosen, eine Italienerin und ich…Die Nacht war wie eine stille Nacht; kein Laut, kein Lärm – einfach Tiefschlaf pur, bis unsere Wecker klingelten. Vielleicht war es der Reiswein? Obwohl wir alle mehr als 9 Stunden Schlaf hatten, hat keiner auf die Alarm seines Weckers gehört…Die eiskalte Nacht wurde zur kuscheligen Wärme in unseren Schafswolldecken und keiner will so richtig aus dem Nest kriechen. In der Küche nebenan höre ich letztendlich Geschirr und Töpfe, was mich vor dem Wecker wach macht. Bevor der Ansturm konmt besser ins Bad und fertigmachen. Kurze Zeit später weckt unsere Gastgeberin uns auf. Zeit zum Frühstücken. Eine gute Stunde später, um 9 Uhr, sitzen wir vier in unserem Jeep. Es kann losgehen. Die Landschaft und Gebirgswelt ist ein absoluter Traum in Nordvietnam – ich finde keine Worte mehr, um ihre einmalige Schönheit zu beschreiben. Wir fahren unendliche Gebirgspässe empor, die uns immer mehr die Landschaft, die Bergwelt, Reisterrassen und kleine schnuggelige Dörfer preisgeben. Von oben sehen die Strassen aus wie Schlangen, die sich durch die Wälder schlängeln. An den Aussichtspunkten warten meistens ethnische Minderheiten, um sich ein wenig Geld mit Blumen, Obst, Gemüse oder typischen Essen zu verdienen und meistens sind immer Kinder mit dabei, die uns lachend empfangen und uns nach unserem Herkunftsland befragen. Beim erste Stopp am Tham Ma sind die Mädels ganz verrückt nach uns, nachdem ihnen Juri Luftballons gegeben hat. Kurze Zeit später sehen wir über unendliche Blumenfelder hinweg und beim zweiten Aussichtspunkt Chin Khoanh der ebenso den Blick über die unendliche vietnamesische Gebirgswelt öffnet, sitzen unsere Jungs Juri und Nico bei einer Hmong an einem kleinen Grill und lassen sich mit Fleischspiesschen und selbstgebackenen Blumenbrot verwöhnen, dass aussieht wie schimmlige Schwämme. Kurz danach halten wir per Zufall an ein sehr traditionelles Dorf Sung La, das für einen Film die Kulisse bot und nun zu einem touristischen Anziehungspunkt wurde. Wir sind Gott sei Dank alleine in diesem süssen Dorf und fühlen uns wortwörtlich Jahrzehnte zurückversetzt. Das Dorf besteht lediglich aus ca. 5 alten Bauernhöfen, oder besser gesagt Holzhütten, die ein authentisches Leben der ethnischen Minderheiten wiedergeben. Ich betrete eines von ihnen durch ein grosses hölzernes Eingangstor und lange in einem Innenhof, der wiederum in einen Stall führt, in dem Kühe, Gänse, Schweine und Ziegen sind…als Essen die violetten Blumen, die wir kurz zuvor in den Bergen gesehen haben. Im Innenhof hängt überall getrockneter Mais und es stehen hölzerne Gerätschaften für den Ackerbau herum. An den Wänden hängen Bilder, des Kinofilmes, der in diesem Dorf vor Jahren gedreht wurde. Leider kann ich nicht rausfinden, wie dieser Film heisst, es ist alles auf vietnamesisch…Plötzlich kommt eine ältere Dame in ihrer typischen Tracht gekleidet, die mich bitte in ihr Haus zu treten. Das lasse ich mir nicht zweimal sagen. Ich lande in der dunklen Küche, wo sie sofort versucht ein Feuer zu entzünden, denn hier drinnen ist es wirklich eisig kalt. Sie bittet mich zu ihr zu sitzen. Ich schaue nur um mich herum um den Raum im Dunkeln wahrzunehmen. Daraufhin zeigt sie eine Holzleiter nach oben…und ich klettere sie hoch…eine Scheune mit Steckrüben und sonstigen Utensilien und Heu. Kurz darauf begleitet sie mich in ihr Schlafgemach, wo an einer Kleiderstange sämtliche Trachten hängen, die sie mir stolz vorzeigt. Das Möbilar ist super nüchtern und einfach – besser gesagt nur ein Bett und ein paar Bilder. Kein Fenster. Kein Licht. Der Boden aus festgetretener Erde. Danach sind wir in ihrem „Wohnzimmer“. Auch alles nüchtern. Einige Stühle und ein Tisch – und, Ihr werdet es nicht glauben…ein Flatscreen TV! Wieder ein paar Bilder von den Szenen des Filmes, der hier gedreht wurde. Kurzerhand bietet sie mir Reisschnaps an – oh weh, nicht schon wieder, und das am hellichsten Tag. Aber ich nehme an und schlucke den Inhalt des kleinen Tonkrugs in mich hinein…hoffentlich ohne Nebenwirkungen…Danach deute ich ihr an, dass ich gehen muss. Die anderen warten sicherlich schon auf mich. Sie nimmt mich erstaunlicherweise ihn ihre Arme und ich küsse sie auf die Stirn. Das alles sind sehr prägende Momente. Die Menschen sind so herzlich und liebenswürdig in Vietnam…vor allem die ethnischen Völker. Sie geben einem sofort das Gefühl von Wärme, sobald man mit ihnen näher in Kontakt kommt. Ich stürme noch durch das restliche Dorf und begebe mich dann zurück zu den anderen. Auf dem Weg zurück gehe ich durch ein riesiges Rosenfeld und beobachte eine Hmong, wie sie die Rosen pikiert. Neben ihr ihre kleine Enkelin. Diese Menschen, ihre Ruhe und Gelassenheit faszinieren mich. Immer haben sie ein Lächeln im Gesicht. Der nächste Stopp ist der ehemalige Hmong Königspalast aus dem späten 19 Jahrhundert. Palast ist nicht gleich Palast – dieser Palast ist komplett aus Holz errichtet und sogar noch mit dem ursprünglichen Möbeln – minimal Design sozusagen – ausgestattet und begeistert mich absolut. Man spürt deutlich den chinesischen Einfluss…immerhin hat China mehr als 900 Jahre Vietnam beherrscht.
Der Palast hat 3 Innenhöfe und ist an einem Berghang. Man geht quasi von unten nach oben durch die 3 aneinander gegliederte Gebäude. Ein richtiges zweistöckiges Labyrinth mit riesigen Flügeln, die immer wieder in neue Räumlichkeiten führen. Für mich ist dieser Palast super beeindruckend, wenn auch sehr nüchtern, weil er immerhin einmalig die Lebensweise der damaligen Königsfamilie widerspiegelt. Ich hätte Stunden hier verbringen können, aber die Zeit ruft und meine Lieben sitzen sicherlich bestimmt schon im Auto und warten auf mich. Und so ist es auch. Wir brechen auf zu dem typischen Sa Phin Markt, nicht umweit vom Palast. Auf diesem Markt kommen sämtliche Bergvölker gestürmt um ihre Ware an den Mann zu bringen oder um einzukaufen. Auf den Strasse dorthin begegnen uns schon Abertausende von ihnen, die bereits auf dem Weg nach Hause sind – immerhin, es ist kurz vor 14 Uhr. Trotzdem macht es Spass, dem Treiben dort zuzusehen. Ein Einheimischer ist ganz verrückt darauf sich und seine Freunde von mir fotografieren zu lassen – endlich mal einer der Fotos will und meine Speicherkarte ist voll. So ein Mist aber auch. Wir kaufen Früchte und essen frittierte Reisbälle. Kurz darauf fahren wir durch eine der faszinierendsten Gebirgswelten, die ich je in meinem Leben gesehen habe. Wir alle kommen uns vor wie in einem Märchenland. So weit das Auge reicht sehen wir Schokoladenberge und Reisterrassen im Sonnenschein und im Hintergrund Strässchen, die sich wie Schlangen die Hügel emporklettern. So was habe ich in meinem Leben noch nie gesehen. Das Licht und die Farben dazu total unwirklich und wie in einem Traum. Ein absolutes Highlights unseres Trips. Einige Zeit später ziehen wir weiter in Richtung chinesische Grenze. Ich dachte eigentlich, dass wir wirklich zu einer öffentlichen Grenze fahren. Was mir nicht bewusst ist, war, dass es eine inoffizielle Grenze ist, durch die eigentlich so gut wie jeder unbeobachtet gehen kann, solange er nicht erwischt wird…aber wer hat schon als Vietnamese Interesse nach China zu gehen oder umgekehrt? Wir zumindest sind begeistert von dem durchschnittenen Stacheldrahtzaun, die Warnungen & Totenköpfe überall, die die unermessliche Gefahr einer Grenzüberschreitung andeuten und eine ewig grosse Tafel auf Chinesisch und Vietnamesisch was einem wohl widerfahren würde, wenn man dies alles missachtet. Nichts desto trotz, uns reizt es bis ins Unendliche, auf die „andere“ Seite zu schnuppern und schliesslich ist ja weit und breit keiner zu sehen! Wir kriechen unter dem Stacheldrahtzaun hindurch und gehen bis zu einer Strasse, von der aus wie einen herrlichen Blick auf ein Tal mit einem kleinen Dorf haben. Gerade als ich die Kamara für ein Foto aus meiner Tasche zücke, sehe ich einen Jeep auf uns zukommen. Wir drehen uns um und rennen um unser Leben zurück durch den Stacheldrahtzaun zur vietnamesischen Seite…Schnauf…unbemerkt…Gott sei Dank. Minuten später gehen Sofia und ich nochmals nach China…immerhin kann man hinter Gebüschen besser unbemerkt pinkeln als auf der vietnamesischen Seite. Ausgepowert machen wir uns nun auf den Weg zum nördlichsten Punkt Vietnams namens Lung Cu, der allerdings mit ewigen Stufen verbunden ist um den Berg zu erklimmen…und danach nochmals Stufen über Stufen um den Aussichtsturm zu erklimmen um Blicke über das weite Tal bis hinüber nach China ohne Gefahr zu erhaschen. Unser mitgebrachtes Picknick vernaschen wir in luftigen Höhen bei strahlendem Sonnenschein und bestem Ausblick. Zu guter letzt sind wir fast an unserem Ziel angekommen: Dong Van. Dong Van ist ein kleines Städtchen, dass sogar noch im Besitz eines Verteidigungsposten auf einem seiner Berge hat. Wir ziehen atemlos den unendlichen Weg bis zu dieser Burg hinauf. Die letzen Meter sind echt Schwindel erregend. Auf dem höchsten Punkt angekommen erwartet uns ein magischer Sonnenuntergang über einer traumhaften Landschaft, über die Reisfelder und der Kleinstadt. Ich wundere mich, wie ich es bis nach da oben geschafft habe, denn teilweise geht es neben mir tief bergab. Kraxelnd kämpfe ich mich in die Höhe und brauche nochmals solange, um wieder nach unten zu kommen. Um 18 Uhr sind wir dann in unserem Guesthouse. Unsere Franzosen sind schon mit ihren Mopeds angekommen und liegen erschöpft im Bett. Wir teilen heute Nacht wieder zusammen ein Zimmer. Bei einem Glas Bier und Reisschnapps – ich werde hier echt noch zur Freizeitalkoholikerin in Gesellschaft – sitzen wir bei 5 Grad vor einem Pub und unterhalten uns über unserem abenteuerlichen Tag und Ereignisse bis wir für unser gemeinsames Abendessen in den Pub zu Tisch gebeten werde. Während des Essens trinken wir 1 Liter Reisschnaps mit weiteren Touris aus Australien, Kanada & Österreich. Mensch Meier. Während alle anderen noch Billiard spielen, gebe ich mich geschlagen und sondere mich ab in unser Zimmer…ich kaputt vom Reisschnaps, die anderem vom Tag…ein Tag voll von Besonderheiten, Abenteuern und unbeschreiblichen Ereignissen…ein Tag der unvergessen bleiben wird…