ROBERE – EIN PARADIES MIT WENN & ABER

ROBERE – EIN PARADIES MIT WENN & ABER

Mittwoch, 26.12.2108 – 2. Weihnachtsfeiertag

SAN JOSE DE CHIQUITO – ROBERE

MOTTO:

DER TEUFEL KANN DEM HIMMEL SO NAH SEIN – ABER MANCHMAL WEISS MAN DEN HIMMEL MEHR ZU SCHÄTZEN, WENN EINEM DER TEUFEL ÜBER DEN WEG LÄUFT…MISSION GLAUBE ODER GLAUBE MISSION?

 

Busterminal zum Zweiten – Sklaventum in Bolivien? – eine Nonne namens Esperanza auf Weltreise – Traumlandschaft im Paradies – Chochi oder Ort der Einsamkeit – Busterminal Robere & Taxi nach Robere – Pizzahut oder was? – auf der Suche nach einer Bleibe – warten auf Irgendwas mit Sabine, Deutsche oder was? – überteuerte Bruchbude im Slum – Motorradtransport – Schwimmen im Fluss des Lebens? – Paradiesische Natur – stürmische Wildpferde – Gottesdienst mit Jesuskind – Koffer packen

 

Wieder einmal geht es verdammt früh los – ich will ja nicht den ersten und vielleicht allerletzten Trufi verpassen und so trudele ich bereits um 8 Uhr am Busterminal ein. Hmmm….der erste kommt tatsächlich um 11 Uhr. Jeder trifft hier eine andere Aussage – die Bandbreite ist groß, die Entscheidung wie eine Lotterie! Also lieber zu früh als zu spät! Wenigstens gibt es am Busterminal Steckdosen, die funktionieren und so widme ich meine Zeit meinen Reiseberichten und sortiere unter anderem auch Fotos.

Solche Busterminals können so ab und zu recht interessant sein! So begegnet mir eine Nonne, die mir über das Sklaventum in Südbolivien erzählt – gut, das kein Reiseführer das erzähl und einem darüber informiert! Über Brasilien kamen die sogenannten Paulistas und trieben absoluten Sklavenhandel, vor allem im südlichen Teil Boliviens. Zur gleichen Zeit waren natürlich wie bereits erwähnt, auch die Jesuiten unterwegs um ihre Gemeinden zu gründen. Klar wurde der Zuwachs immer grösser, als man merkte, dass die Jesuiten für sie „nur“ übertritt zum Glauben einforderte – besser als Sklave zu sein! Meine Nonne heißt Esperanza und erzählt mir, dass sie in San Jose de Chiquita geboren ist, aber seitdem weltweit in Missionen unterwegs ist und sehr gerne mit den Methodisten zusammenarbeitet, weil es eine außerordentliche Glaubensgemeinschaft ist. Sie war überall im Auftrag der Mission unterwegs, auch in Rom und besuchte so auch Europa. Weitere Einsatzorte waren auf Südafrika und Asien, vor allem Indien. Sie wollte jedoch wieder zurück in ihre Heimat um in der Nähe ihrer Familie zu sein – wertschätzt aber sehr, dass sie als Nonne die Möglichkeit bekam, Menschen weltweit im Auftrag der Mission zu helfen. Leider kann ich mich nicht länger mit ihr unterhalten – sie begleitet ihre Familie zum Trufi.

Mein Trufi düst Richtung Robere um ca. 11.30 Uhr endlich los! Die Fahrt ist recht langweilig, da es die ersten 2 Stunden nur gerade ausgeht, aber dann wird es von der Natur her richtig interessant. Aus dem Nichts erheben sich riesige Bergketten mit einer sehr üppigen Vegetation. Wow. Eine Traumlandschaft im Paradies!

Der Bus macht kurz inmitten dieser Landschaft in Chochi halt. Winzig klein – Dorfleben pur – Ort der Einsamkeit! Schotterpisten aus roter Erde, hier und da ein Häuschen und das war es dann auch! Drumherum kann man schöne Wanderungen unternehmen, die Berge besteigen oder zu einem Wallfahrtsort pilgern!

Für mich geht die Fahrt weiter bis zum Robere Busterminal. Von hier aus nehme ich mir ein Motorradtaxi nach Robere, das mir so haushoch empfohlen wurde.

Aber der Ort Robere entäuscht mich, nichts was mich reizt, wahrscheinlich wäre Santiago de Chiquito, ein weiterer Missionsort, eine bessere Wahl gewesen – keine Ahnung, warum die Leute hier es alle so toll finden?

Ich stille erst Mal meinen Hunger, bevor ich weiter auf Hostalsuche gehe – Pizza vom Feinsten. Hier weg kommen tue ich definitiv bis morgen nicht – denn die ersten Transportmittel nach Santiago de Chiquito sind erst ab morgen wieder verfügbar. So ein Mist!

Brühende Hitze und ich finde kein Hostal – alle ausgebucht oder nur mit 3 Bett Zimmer, die mir auch tatsächlich ein Zimmer zum Preis von dreien anbieten. Spinnen die? Für eine Bruchbude 50 Eur? Also ziehe ich von Hostal zu Hostal und gebe die Hoffnung nicht auf, bekomme aber eine Abfuhr nach der anderen! Und das nicht gerade auf die freundlichste Art & Weise! Einige Hostals haben sogar geschlossen!

Ich schwitze vor mich hin und hoffe auf Wunder – und da sehe ich eine Deutsche – unverkennbar eine Deutsche, vor einer Apotheke stehen und siehe da, daneben auch ein Hostal. Wie es sich herausstellt, lebt sie in Bolivien schon seit sage und schreibe 20 Jahren und arbeitet in der Apotheke. Da hier der 2. Weihnachstfeiertag ist, nehmen es die Leute mit der Uhrzeit nicht so genau und so sind die Apotheke und das Hostal geschlossen! Wie soll da Sabine arbeiten? Wir warten ca. 1,5 Stunden und nutzen die Zeit für unsere Erzählungen – Sabine ist einfach hier hängengeblieben, als man ihr Arbeit anbot und kam seitdem nie mehr nach Deutschland zurück. Sie hat mit ihrem Mann ein Haus in Robere gekauft und feiern bald ihren 50. Hochzeitstag. Ihre Kinder und Enkel sind in Deutschland und kommen sie ab- und zu besuchen. Für sie ist der Reiz nicht mehr da, nach Deutschland zurückzukehren.

Als endlich eine Angestellte kommt und die Türen öffnet, gibt es für mich zum Glück auch noch eine Unterkunft – leider jenseits von Gut & Böse. Zu einem „teuren Preis“ miete ich ein Zimmerchen ohne Fenster an, das schon seit Jahren keine Farbe und Putzlappen gesehen hat. Ein rostiger Ventilator gibt mir zumindest in der Nacht etwas frische Luft. Das Zimmer riecht nach Feuchtigkeit hoch drei und ist voll mit Spinnenweben. Ich möchte gar nicht wissen, wann die Bettwäsche zuletzt gewechselt wurde, aber ich schlafe ja eh in meinen Acrylschlafsack, der mich vor sämtlichen Ungeziffer schützt – auch Bettläuse! Und dann wird die Dame auch noch frech, als ich sie frage den Preis zu reduzieren! 13 Euro ohne Frühstück und ohne Internet! Der Wucher überhaupt! Wenn es wenigstens schön hier wäre – aber das Anwesen ist total heruntergekommen und kein Bild der Schönheit! Eine überteuerte Bruchbude im Slum! Aber wo soll ich sonst schlafen? Ich bin noch mehr über ihren Sarkasmus und Unfreundlichkeit empört – nicht mal mein Gepäck will sie für morgen für ein paar Stunden bei sich behalten, während ich nach Santiago de Chiquitos fahre! Sie schnautzt mich regelrecht an! Ein Teufel in Person! Ich sage ihr meine Meinung – von wegen Tourismus und Missionen bei solch unhöflichen, respektlosen Menschen!

Das Schlimme ist, das viele in diesem Ort so sind, wie ich bereits bei meiner Unterkunftssuche festgestellt habe. Sogar auf der Bank, wo ich Geld wechseln möchte, bekomme ich eine unmögliche Antwort. Für 10 US Dollar, wollen sie einen Orginal Pass sehen und nehmen nicht meine Kopie an!  Man kann es auch in freundlichen Ton sagen und nicht so empört sein! Wie auch immer, mein Leben geht auch mit so entrüsteten, unmöglichen Menschen weiter – ich brauche sie alle nicht. Mir tun nur die Touristen leid, die nach mir kommen! Was kostet einem ein Lächeln? Freundlichkeit?

Mein Tag wird Gott sei Dank wenige Minuten später gerettet, als ich mich auf dem Weg zum zentralen Platz mache und versuche Informationen über die Attraktionen des Umlandes einzuholen. Es gibt heiße Quellen – Aquas Calientes, aber die Transportmitttel sind zu teuer und es dauert zu lange, dort hinzufahren. Der Wasserfall ist Sant Luis ist auch zu weit also bleiben mir nur die Balnearios, die ca. 2 km zu Fuss entfernt sind. Nach Santiago de Chiquito gehen morgen die ersten Trufis, aber keiner weiss so genau um welche Uhrzeit und wo sie abfahren. Man sagt mir ab 8 Uhr, andere sagen mir ab 10 oder 11 Uhr und dass man dann nicht mehr zurückkommt oder nur mit dem Taxi. Wie auch immer. Darum kümmere ich mich morgen. Ich schlag mich schon durch mit diesen verwirrenden Aussagen.

Als ich zwei Mädels mit ihrem Opa nach dem Weg zum Balneario frage, ist eines der Mädchen so lieb und bringt mich mit dem Motorrad zumindest in die Nähe und erklärt mir den Weg dorthin.

Der Pfad dorthin ist holprig aber die Natur um mich herum ein Traum. Ein Paradies der Vegetation! Mangos plastern den Weg….denn überall sind Mangobäume aber keiner scheint sich für das Fallobst zu  interessieren. Für die Menschen hier sind Mangos nichts Besonderes. Man bekommt sie seltens auf dem Markt zu kaufen – wer soll schon Mangos kaufen, wenn sie auf der Strasse liegen?

Das Balneario ist witzig, wer denkt denn daran, dass ein Balneario ein Fluss sein kann? Man hat einfach eine Mauer in den Fluss gebaut und einmal am Tag wird der Fluss mit Schleusen entleert. Es gibt sogar Sprungbretter und verschiedene Tiefen. Eine Brücke führt zu beiden Seiten des Flusses – es gibt sogar Duschen, ein WC und ein Kiosk und nette Salsamusik! Der Fluss ist ein Traum. Drum herum sind Palmen und riesen Bäume, die einem vor der Sonne schützen! Schwimmen im Fluss des Lebens und wunderschön erfrischend und kalt! Ich könnte ewig plantschen und will gar nicht mehr aus dem Wasser! Die Neugierde treibt mich dann aber doch nach einer guten Stunde neben an, wo ein weiterer Balneario am Flusslauf ist – vom Militär und ein wenig nobler aber nicht ganz so authentisch! Bevor es dunkel wird mache ich mich auf den Rückweg.

Wildpferde laufen hier durch die Gegend, wie wenn es ein offenes Gestüt ist. Ein Hengst ist an ein Baum festgebunden und eine Stute kommt ihm Nahe, um ihn zu beschnuppern. Sie selber ist mit ihrem Fohlen und ihrem „Mann“ unterwegs, der es gar nicht so toll findet, dass der andere Hengst schon in „Aufruhr“ ist. Er geht wortwörtlich stürmisch auf ihn los und die beiden fangen an zu kämpfen – das habe ich im Leben noch nicht gesehen! Ich überlege echt, was ich tun soll und genau in diesem Moment kommt das Herrchen des Hengstes und bringt sie auseinander! Puhhhh!

Wenn der Ort auch nicht sehr ansprechend ist, besuche ich den Gottesdienst und berühre das Jesuskind in der Grippe, was generell in spanisch sprechenden Ländern üblich ist. Schließlich will ich auch trotzalledem Danke sagen, für eine herrliche, wunderschöne Zeit in Bolivien – selbst wenn die Missionstour es mir nicht so leicht gemacht hat.

Der Abend geht mit Kofferpacken zu Ende – ich will nur noch weg aus diesem Ort!

 

 

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