Die Cordillera de los Frailes & Natur pur erleben abseits der Routen

Die Cordillera de los Frailes & Natur pur erleben abseits der Routen

Montag, 26.11.2018

 

Sucre – Tarbuco – Sucre

 

MEIN MOTTO FÜR HEUTE:

BAUCHGEFÜHL, VERTRAUEN & BEREITSCHAFT ZUM ABENTEUER ÖFFNET EINEM SO MANCHEN HORIZONT IM WAHREN LEBEN!

 

Frühstück am Strassenrand – mit dem Jeep abseits der Routen in die Walachei – Eingang ins Paradies oder die Cordillera de los Frailes (die Höhenzüge der Mönche) – Gipfel stürmen – Vulkankrater bestaunen – Inca Trail – Jalqa Culture pur & hautnah – Maraqua, vergessenes Dorf im Hinterland – Picknick mal anders – Teufelsschlucht „la garganta del diablo“ – per Anhalter oder was? – Drogen an Bord? – Begegnung mit der Polizei – Stierkampf am Wegesrand – Webkunst der Jalqa – Sonnenuntergang über der Cordillera de los Frailes – ruhiger Ausklang eines erlebnisreichen Tages

 

Der Beginn eines unschlagbaren Tages, wer hätte das gedacht? Nach meinem ausgiebigen Frühstück im Hostal, mache ich mich auf den Weg zu Rene. Erinnerst Du dich noch? Der junge Mann, der mir zusammen mit seiner Frau am Samstag einen Ausflug versprochen hatte? Mein Bauchgefühl sagte mir von Anfang an ja, aber wie es nun mal so ist, bekam ich wieder Warnungen von allen Ecken und Enden. Ich habe mich entschlossen, auf mein Bauchgefühl zu hören und Vertrauen zu haben! Und tatsächlich, am Treffpunkt angekommen, erscheinen nach 45 Minuten auch Rene und seine Frau Adriana. Immerhin ist die Verspätung mit Whatsapp angekündigt. Bald sitze ich mit Rene in seinem Jeep und die Fahrt geht los – seine Frau bleibt zurück, denn sie muss arbeiten. Wir frühstücken am Wegesrand, frisch gepresste Fruchtsäfte und irgendwelche in Salzwasser eingelegte Baumsamen,  bevor der Weg uns durch Sucre ins Gebirge führt, in die Kordilleren der Mönche, https://de.wikipedia.org/wiki/Cordillera_de_los_Frailes  in ca. 4000 m Höhe. Der Weg ist abgesperrt und wird polizeilich kontrolliert, vor allem weil in diesem Gebiet die ethnische Minderheit der Jalqas leben und weil es ein riesiger Naturschutzpark ist. Ein wenig später muss ich als Touri sogar Eintritt bezahlen, bevor sich die Schranken ins Paradies endgültig öffnen. Vor uns liegt eine super kurvige Strecke mit Ausblick auf das gesamte Umland von Sucre und Sucre selber. Wieder einmal unschlagbar! Irgendwann fahren wir über Kopfsteinpflaster und rechts neben uns eröffnen sich tiefe Schluchten. In den Schluchten verbergen sich sogar Felsmalereien in Höhlen, die, wie man schätzt, so über 2000 Jahre alt sind. Rene kennt leider den Weg dorthin nicht, deswegen bekomme ich sie nicht zu sehen. Dafür stürmt er mit mir einen der höchsten Gipfel, dem Mirador Chataquila auf ca. 4000 m Höhe! WOW! Was für einen überdimensionalen Blick von 360 Grad! Wir schauen über die gesamte Bergkette auf den Managua Kraterrand und werden Zeuge der geologischen Felsformationen in sämtlichen Braun- und Rottönen! Über uns ein strahlend blauer Himmel mit weißen Schäfchen Wolken und dazu eine ordentliche Portion Sonne! ATEMBERAUBEND und mit Worten nicht zu beschreiben! Es duftet so richtig nach Natur pur und überall sprießen kleine, bunte Blümchen am Wegesrand. Laut einer Inca Sage, war das vorher alles ein riesig großer See. in Inca warf einen Stein in den See und so entstanden die Berge.

Nicht weit entfernt davon, beginnt der sogenannte prähistorische Route der Incas, die sie benutzt haben um ihre Waren zu transportieren. Gott sei Dank muss ich den nicht gegen, denn der Weg ist schwindelerregend und geht mitten durch die Gebirgszüge – man darf also keine Höhenangst haben. Irgendwann hört das Kopfsteinpflaster auf und der Weg wird zu einer regelrechten Sandpiste – bei Regen gefährlich und nicht unbedingt empfehlenswert. Wir bewegen uns auf engen Serpentinen bergabwärts ins Tal mit fantastischen Ausblicken auf die Gebirgskette und den Kraterrand immer direkt vor uns. Rene weiß selber noch nicht so richtig, wo er mich letztendlich hinbringen möchte, entscheidet sich aber dann nach Managua zu fahren, einem kleinen Ort am Rande des Kraterrands Managua, wo die Minderheiten Jalqas leben. Als wir auf der holprigen Strasse in die Richtung Managua abbiegen, ruft uns eine Jalqa, die unter einem Baum mit einem kleinen Jungen und einem alten Mann sitzt, zu. Sie fragt uns, ob wir mit sie mit nach Managua nehmen könnten, sollte das unsere Richtung sein. Klar doch! Wieso nicht! Meint Rene. Und bald sitzen alle drei mit uns im Jeep. Alle drei in traditioneller Kleidung und nach Kuhmist riechend, sitzen sie nun auf unserer Rückbank. Jalqa Kultur pur und hautnah & von der Sonne verbrannt und gezeichnet. Sie sind bekannt für ihre lebhafte & gutmütige Art – wirklich ein anderer Schlag als die gestern vom Markt. Sie sprechen Quechua, selbst Rene versteht nicht alles und die drei sprechen so gut wie kein spanisch. Wir stellen uns gegenseitig Fragen, sie über unsere Kultur, wir über ihre. Rene möchte gerne von ihr eine Legende der Quechua hören, sie enthält sich jedoch und besteht darauf, dass wir mit ihr mit nach Hause kommen. Sie will mir 30 m2 Land anbieten, damit ich dort meine Hütte baue und mit ihr zusammen lebe und das Land bestelle. Zu gerne möchte sie eine Freundin, die ihr beisteht und bei ihr ist und möchte auch ihr neugeborenes Baby mit mir zusammen taufen. Lach. Was für ein Angebot! Aber ich kann mir wirklich nicht vorstellen abseits von Gut & Böse zu leben! Wir erklären ihr, dass wir beide nicht alleinstehend sind und mit Partner. Das findet sie gar nicht gut.

Ihr kleiner Junge lacht verschmitzt, er scheint so einiges zu verstehen. So amüsieren wir uns während der Fahrt, der ältere Herr meldet sich allerdings nicht zu Wort und steigt auf dem Weg nach Managua am Straßenrand aus, wo er bereits von seinem schwanzwedelnden Hund in Empfang genommen wird.  Bald reden wir auch über die Inkas und sie erzählt uns, dass man immer noch sehr viel Funde in den Bergen von den Inkas macht und ihr Junge ab- und zu gravierte Steine mitbringt, die von den Inkas bis ins Detail bearbeitet wurden. Rene findet das alles super interessant und möchte als Belohnung für die Fahrt ihr Zuhause sehen und natürlich die gefundenen Steinskulpturen. Sie sagt zu und dirigiert uns einen steinigen Felsweg hinauf, wo wir irgendwo einmal halten. Mit ihrem Zeigefinger zeigt sie uns ihr gesamtes Land, das soweit geht, wie nur das Auge reicht. Direkt an einem ausgetrockneten Flusslauf. Ihre beiden Steinhäuser, eins links am Hang und eins rechts über das Flussbeet, sieht man kaum und sind bestens der Natur und dem Umland angepasst. Wir steigen den Hang hinab, gehen über das Flussbeet und hoch zu ihrer Hütte, wo sie uns stolz ihren Gemüseanbau präsentiert, ihre „Küche“ und irgendwann auch ihre „Inkasteinsammlung“, die nicht ganz das ist was sie meinte aber definitiv von den Inkas bearbeitet worden sind und wie Paluse (Penise) aussehen. Wahrscheinlich zur Anpreisung der Fruchtbarkeitsgöttin. Die Hütte ist abgeschlossen und ich kann leider keinen Blick reinwerfen. Ihr Mann ist zum Schafe scheren gegangen und hat den Schlüssel und ihr Baby mitgenommen. Aber sie hat ja noch ihr anderes Hüttchen am Berg gegenüber, wo sie uns gerne eine Webdemo geben möchte und uns ihre Prachtexemplare ihrer Webkunst anbieten möchte. Wir beide haben jedoch wirklich keine Lust noch einen dieser atemberaubender Hügel zu erklimmen – der Aussichtspunkt kurz vorher hat uns schon recht schwach in den Kniegelenken gemacht und so verabschieden wir uns und unsere Reise nach Managua geht weiter. Auf dem Weg dorthin begegnen wir ewig vielen Ziegen- und Schafsherden und Jalqas, die ihre eingekaufte Ware nach Hause tragen. Kurz unterhalb des Kraterrands liegt das „verträumte“ Ort Managua, das gerade mal aus einer Schule und allerhöchstens 20 Hütten und 3 Hostels besteht. Sieht alles recht verlassen und alt aus und das gesamte Ort sieht aus wie auf dem Schlamm gebaut. Überhaupt keinen Reiz und weit und breit braune Erde und Steine…mehr nicht. Das einzig faszinierende ist der Kraterrand, der in allen möglichen Grün-, Braun- und Rottönen schimmert und sich leicht wie bearbeitete Teigmasse vor uns ausbreitet. Wir wollen ins Webmuseum, um uns die weltbekannte Webkunst der Jalqas anzuschauen, keiner weiss jedoch wo das Museum ist oder sie verstehen uns nicht. https://www.google.com/search?q=jalqa+kultur&tbm=isch&tbo=u&source=univ&sa=X&ved=2ahUKEwimpOWgwPPeAhUBSN8KHVrACKcQsAR6BAgEEAE&biw=1143&bih=521&dpr=0.9

Hmmm….Wir haben einen Bärenhunger und zu unserer Enttäuschung gibt es hier nicht mal einen Markt oder ein Restaurant, nur ein Kiosk, wo wir uns mit Schokolade, Salzgebäck und Coca Cola eindecken können. Unser notdürftiges Mittagessen.

Ganz in der Nähe von Managua gehen sämtliche Trekkingrouten los, die teilweise 3 – 4 Tage dauern. Ansonsten hat Managua außer dem Kraterrand und dem Rachen des Teufels nicht viel zu bieten.

Der Rachen des Teufels ist ein Wasserfall, der tief in eine Schlucht der Kordilleren fällt und sehr imponierend ist, wenn der Fluss Wasser trägt, momentan ist er jedoch nur ein kleiner Rinnsal. Wir sind trotzdem darüber begeistert, was die Natur alles Zustande, denn der Wasserfall arbeitet sich über Stufen runter ins Tal bevor er steil die Felswände meterweit hinunterschiesst.

Als wir uns auf dem Heimweg machen, nehmen wir noch einen Jalqa Anhalter nach Sucre mit, der verloren am Wegesrand steht. Hier gibt es nicht viele Busse, hier wird alles zu Fuss gegangen, aber manch einer hat Glück und wird dann doch von jemand mitgenommen – wie von uns. Dieser Jalqa sitzt jedoch stillschweigend während unserer gesamten Fahrt auf der Rückbank und meldet sich nicht zu Wort.

Die Pisten in dem Tal sind so schmal, dass man wirklich kämpfen muss, wenn einem ein anderes Fahrzeug oder sogar ein Bus entgegenkommt. Denn links und rechts geht es regelrecht in die Tiefe und ein Absturz wurde keiner überleben. Rene kommt mehr als einmal ordentlich ins Schwitzen, als ihm einmal alter Bus und einige Lastwägen entgegenkommen.

Dann werden wir auch noch von der Polizei angehalten und ein Drogenhund (Schäferhund in diesem Fall) beschnuppert uns und unseren gesamten Jeep. Er steckt sogar seine Schnauze in unsere Rücksäcke. Natürlich wird er nicht fündig. Anscheinend werden gerne Drogen aus oder in dieses Tal geschmuggelt – anders können wir das uns nicht erklären.

Der Rückweg ist ebenso was ganz Besonderes – denn in der Zwischenzeit haben wir Abendstimmung und die Gebirgskette leuchtet in einem goldenen Licht.

Unser Weg führt uns noch zu einer Jalqa Freundin von Rene. Allerdings unter grosser Gefahr, denn auf dem Fussweg zu ihr kommt uns ein Stier entgegen. Rene will ihm ausweichen, aber ehe er sich versieht, senkt der Stier den Kopf und rennt auf ihn zu. Ich presse mich gegen eine Hauswand neben mir, überlege, was ich nun am besten tun könnte und habe schon das Auto im Visier. Rene versucht, vor dem Stier wegzurennen und stürzt die Böschung hinunter, der Stier hinterher. Plötzlich fällt Rene hin und landet auf dem steinigen Feldweg. Der Stier wendet sich pustend ab und kommt in meine Richtung. Puhhh. Genau in dem Moment kommt die Hirtin und treibt den Stier davon! Was für ein Drama. Renes Handrücken ist blutüberströmt und von oben bis unten ist der mit Staub bedeckt. Ansonsten ist nichts passiert – er kam Gott sei Dank mit einem riesen Schrecken davon. Seine Freundin eilt uns bereits entgegen und säubert die Wunde mit Alkohol.

Er sitzt verdattert auf einem Stuhl, während uns seine Freundin die bekannte Jalqa Webkunst präsentiert. Ihre ganze Familie webt schon seit Generationen. Selbst die Wolle wird von ihnen gesponnen und gefärbt. Der Webrahmen ist super simpel. Einfach nur zwei lange Holzstecken links und rechts und ein Querbalken oben und unter zwischen dem die Wollfäden gespannt sind. Mit einem kurzen Stecken mit Nadelöhr werden die Wollfäden durchgezogen. Für einen Teppich von 1 x 1,5 m braucht ihre Mama einen Moment. Alles in Rot – und Schwarztönen und Muster, die schon seit Jahrzehnten in der Familie traditionsreich weitergereicht werden. Ich bin sprachlos. Das zu sehen ist einmalig.

Was für ein Sonnenuntergang! Als die Sonne hinter der Gebirgskette verschwindet und den Himmel in ein rosarotes Licht verwandelt, machen wir uns auf dem Heimweg nach Sucre. Was für ein einmaliger Tag. Schweren Herzens verabschiede ich mich – wir wollen auf alle Fälle in Kontakt bleiben, aber morgen geht meine Reise erstmal weiter…Man sollte einfach mehr Gottvertrauen in Menschen haben und siehe da, was alles Wunderschöne passieren kann. Einfach den Mut, sich dem Abenteuer zu stellen. Deine „innere Stimme“ wird Dir schon rechtzeitig ankündigen, wenn etwas nicht mit richtigen Dingen zu geht. Verlass Dich auf Dein Bauchgefühl!

 

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