
LA PAZ – GÖTTERSPEISE ODER UNVERMEIDLICH?
Samstag, 08.12.2018
POTOSI – ORURO – LA PAZ
MEIN MOTTO FÜR HEUTE:
DINGE EINFACH GESCHEHEN LASSEN & NEUGIERIG SEIN AUF DAS WAS PASSIERT UND KOMMT
Potosi – Tankstelle Pinkelstopp – Schubkarren als Transportmittel – Stopp in Oruro – Fahrt durchs Alto Plano – La Paz – Hexenmarkt – Mittagessen – mit der Seilbahn La Paz von oben erkunden – Historisches Viertel La Paz – Panoramablick auf La Paz – Vulkan Illimani – Heiratsantrag auf Bolivianisch oder Bolivianer unter sich – Kirche & Regierungssitz – Planung der Weiterreise nach Rurrenabaque – ein mexikanischer Abend – Madrid
Ab- und zu hält der Bus, um Passagiere ein- und aussteigen zu lassen aber kein Toilettenstopp auch nicht in unserem Stopp in Potosi auf Bitte von mehreren Fahrgästen. Nach guten 6 Stunden Fahrt bekommen wir dann endlich die Gelegenheit an einer Tankstelle und der ganze Bus rennt raus und sucht auf dem Freigelände Pinkelmöglichkeiten. In meiner Richtung kommen mir nur kläffende Hunde entgegen und so bleibt mir nur übrig, mich hinter eine Zapfsäule für mein Pipi zu setzen. Tja, wer sich darauf nicht einlassen kann, dem sei nicht empfohlen mit dem Bus zu fahren! Mir wurde eine Toilette versprochen – aber was tun die hier nicht alles um Plätze im Bus zu verkaufen – und ich Tupiza bleiben und auf einen Bus mit WC warten, wollte ich auch nicht. Als wir wieder halten, ist weit und breit nichts zu sehen, auch kein Dorf oder irgendein Licht. Ein Mädel steigt aus dem Bus aus und ihre Familie wartet freudig und glücklich mit Taschenlampen auf sie. Kein Auto oder eine Transportmöglichkeit zu sehen. Lediglich ein Schubkarren, in dem ihr Papa ihre Tüten und Bündel abtransportiert. Das ist Armut pur und macht mich traurig. Bald schlafen alle im Bus und Ruhe kehrt ein. Erst um ca. 7 Uhr morgens fahren wir durch Oruro – ein Ort das auch sehr für seinen Bergbau bekannt und überaus empfehlenswert laut meines Reiseführers ist. Mich trifft der Schlag! Alles Flachland und Bauruinen. Überall feuchte Erdhügel mit Müll vermischt und zwischendrin Pfützen. Vor den unverputzten, halb verfallenen Häusern ein Wochenmarkt, der auf dem Müll erbaut und halb auf Pfützen steht. Hygiene ist nicht gerade angesagt. Überall Menschenmengen, die am Einkaufen sind und Hunde, die an den Lebensmittels schnuppern, die teilweise auf dem Boden ausgebreitet sind. Der Bus hält an und wir stürmen wieder die Felder, um uns zu erleichtern. Dieses Mal hinter nassen, mit Müll überfüllten Erdhügeln unweit vom Markt. Und jeder lässt seinen Abfall einfach liegen. Warum verehrt man hier Mutter Erde (Pachamama), wenn man letztendlich kein Respekt vor ihr hat? Als wir in La Paz ankommen, bin ich noch mehr als entsetzt. Armut pur und alles ohne Stil & Schönheit. Kontraste hoch drei. Wir fahren weiter durch das Altiplano. Die Landschaft Richtung La Paz liegt in ca. 3000 m Höhe und ist trotzdem wunderschön und anmutend. Vorbei an kleinen Dörfern mit Lehmhütten und alten, zusammengefallenen Kirchen. Überall Vieh oder Ziegenherden, die über die Strasse rennen. Eine recht hügelige, kahle Landschaft umgibt uns und ein strahlendblauer Himmel. Den Wolken ganz nah – klar doch, wir sind ja immerhin ziemlich hoch und der Himmel ist in greifbarer Nähe. Endlich kommen wir in La Paz an. Ein Teil von La Paz liegt auf der Höhe, wie der Flughafen beispielsweise und der Rest von La Paz in einem Talkessel – zum Beispiel das eigentliche Zentrum und die Regierungsbehörden. Wir brauchen ewig, wenn nicht sogar Stunden, um ins Stadtzentrum zu kommen. Im Zentrum selber kann man mit „Seilbahnverbindungen“ von einem Ort zum nächsten kommen, was einem viel Zeit erspart. In La Paz zu Fuss zu gehen, raubt einem den Atem. Aufgrund von seiner Höhenlage von 3800m, geht einem schnell die Luft aus. Als ich endlich vom Busbahnhof mit dem Taxi in Richtung Hostal fahre, merke ich das ganz schnell. Der Taxifahrer lässt mich vor der Kirche San Fransisco aussteigen, weil die Strasse meines Hotels eine Einbahnstrasse ist und er keine Zeit hat mich direkt am Hostal abzuliefern. Wie bitte? Ich ziehe meinen Koffer hinter mir her mit meinem Rucksack auf den Rücken – alles Berg hoch und brauche für 500m geschlagene 30 Min. weil mein Atem & Kondition den steilen Anstieg nicht standhält. Rafa wartet bereits schon auf mich an der Rezeption vom Hostal. Wir beziehen unser Zimmer mit getrennten Betten, ich mache mich ein wenig frisch und auf geht’s! Keine Ahnung wo ich mir diese Energie hernehme – den Berg hoch schaffte ich es kaum aber jetzt sind meine Lebensgeister wieder wach. Rafa ist eine wirklich gute Seele von Mensch. Er erfüllt einem jeden Wunsch bevor er an sich denkt – und so, obwohl er bereits schon seit 3 Tagen in La Paz ist, konzentriert er sich auf mich und will gerne das tun, zu was ich Lust und Laune habe. Ich bin erstaunt, denn viele Menschen sind egoistisch, bei ihm keine Spur davon. Und wir sind nur Bekannte. Im Freundeskreis ist es normal, dass man sich abspricht und aufeinander eingeht…aber so gut kennen wir uns ja nicht!
Wir gehen zusammen auf den Hexenmarkt und schauen uns seltsame Kräuter und getrocknete Lamas in allen Altersklassen an und betrachten uns die Opfergaben an Pachamama. So ähnlich wie in Asien, wird am Anfang eines jeden Monats ein Opfer gebracht und man besorgt sich auf dem Hexenmarkt Tellerchen mit verschiedenen Dingen, wie Kräuter, Blume, Kerzen, Statussymbole, die man sich wünscht aus Teigmasse (Salz & Mehl), wie beispielsweise Autos, Geld, Kosmetik, Arbeit etc. Das alles wird dann im Hause vor einem Altar gelegt und man hofft, dass sich die Wünsche erfüllen oder dass man einfach gesund bleibt und lange lebt.
Wieder einmal essen – das gehört in der Zwischenzeit zu meinem Tagesplan, bevor wir weiter mit der Seilbahn durch La Paz schweben und die Stadt und ihre Ausmaße von oben bestaunen. Das wortwörtlich Beste an La Paz!
Durch das historische Viertel führt mich Rafa kurz danach zu seinem Lieblingsplatz – einem Park mit Panoramablick über die Stadt von La Paz. Von dort aus hat man fast einen Rundumblick auf La Paz und seinem angrenzenden, schneebedeckten Vulkan Illimani, 6458m.
Wir werden Zeuge eines Heiratsantrags mit Mariachis auf der Aussichtsplattform. Der junge Mann fällt auf seine Knie, um um die Hand seiner Geliebten anzuhalten. Wie romantisch! Danach tanzen sie romantisch ganz eng umschlungen zu mexikanischer Musik. Wie rührend! Das sind Momente, die man sich selber im Leben zumindest einmal wünscht – oder nicht?
Wieder bergab zum historischen Viertel nehmen wir uns Zeit eine Kirche und den Regierungssitz zu bestaunen – allerdings ist die Kulisse dahinter nicht gerade schön, ewig viele, riesige, hohe Bauruinen, die den Anblick der kolonialen Gebäude total erblassen lässt. Sogenannte Bausünden! Für diese Stadt habe ich überhaupt keine Begeisterung – aber vielleicht kommt das ja alles noch in den nächsten Tagen oder Stunden?
Für uns steht zumindest erst Mal die Planung unserer Weiterreise nach Rurrenabaque an – wir wollen ja in die Pampa und dort einen 3-4 tägigen Ausflug in die Wildnis unternehmen. Als wir allein schon die Busse sehen, die uns dorthin bringen sollen, kommen in uns Zweifel auf. Nicht gerade die sichersten Transportmittel und dann auch noch 18 Stunden Fahrt und die unmöglichsten Abfahrtzeiten. Zurück nach La Paz kein Thema, aber hin würden wir fast 1,5 Tage verlieren. Die Busse fahren um 12 Uhr Mittags ab und kommen erst am Spätnachmittag des nächsten Tages dort an! Zurück geht es seltsamerweise zügiger. Um 18 Uhr ab Rurrenabaque und gegen Mittag in La Paz. In Rurrenabaque ist der Hund begraben, das erleichter die Rückreise! Kein Verkehr. Wir entschließen uns zu fliegen und buchen uns bei einem Reisebüro ein Flugticket. Seltsamerweise sind die Tickets günstiger im Reisebüro als über Internet.
Heute gibt es ausnahmsweise mal ein mexikanischer Abend und Rafa führt mich in ein typisches Restaurant mit super Essen. Alles dekoriert mit Totesköpfen und bemalten, bunten Wänden, die den bekanntesten Feiertag in Mexiko, Allerheiligen, wiederspiegeln. Für uns gibt Quesadillas mit Huhn gefüllt, Tacos und einem leckeren Avocado Dip.
Hmmmm…Der Weg zurück ins Hostal errinnert mich an Madrid – endlich mal etwas, was mir La Paz sympathisch macht. Frühe Bettruhe ist gleich angesagt, nach der Nachtfahrt freue ich mich auf ein Bett mit Daunenkissen und um 22 Uhr bin ich bereits im Tiefschlaf.