
AMAZONAS – TANZ IM DSCHUNGEL
Donnerstag, 15.11.2018
Amazonas
MEIN MOTTO FÜR HEUTE:
DAS LEBEN IST EIN GESCHENK! VERGESSEN WIR DAS NIE UND MACHEN WIR DAS BESTE AUS JEDER SEKUNDE, MINUTE UND STUNDE!
https://www.youtube.com/watch?v=fDKeuOI8xvU
Natur Meditation – Regenwald Sounds und Regen
Frühstück bei strahlendem Sonnenschein – mit dem Boot oder zu Fuss? – Verständigung und Kommunikation ohne Telefonmast – Ureinwohner im der Tiefe des Amazonas oder Kannibalen? – Bachata Tanzstunde am Kiosk – Schlemmen oder Essen – Pirañas angeln und sich beissen lassen – Meditation am Amazonas – Schule & Kino für den Nachwuchs – Abendessen und zum Nachtisch tiefgreifende Gespräche über das Leben
Um 8 Uhr scheint bereits die Sonne und es sieht aus als hätte es nie geregnet. Nach einem ordentlichen und ausgiebigen Frühstück machen wir uns auf den Weg zu den Ureinwohnern im tiefen Dschungel. Natürlich bin ich schon sehr gespannt, vor allem deswegen, weil der Weg nicht gerade leicht sein wird. Zu Fuss, mit dem Boot und wieder zu Fuss. Was uns dort wohl erwartet. Manuel erzählt noch nicht viel – er hält sich immer sehr lange mit dem erklären zurück, bis es sich dann tatsächlich ereignet. Wir haben dieses Mal wieder unsere Stiefel an, was mir gar nicht gefehlt. Man hat einfach kein Feingefühl in ihnen und der matschige Boden rutscht einem viel leichter unter den Füssen weg als mit meinen Trekkingschuhen. Nach dem Regen bleibt uns nichts anderes übrig, denn die Regenpfützen und der Matsch ist noch schlimmer als gestern – und zudem sind wir so sicherer vor den gefährlichen Schlangen, die im Unterholz lauern und gerne schnell zu beissen, vor allem wenn man auf sie tritt. Gut zu wissen, lieber Manuel, du machst mir echt Mut. Wären alle Dschungelführer so direkt und informativ wie er bisher in meinem Leben gewesen, ich glaube ich wäre nie durch den Dschungel gegangen…ich bin also ein Glückspilz sozusagen, dass mir bisher nie was passiert ist oder sollte ich besser sagen fast alle? Als wir nach einer guten halben Stunde an einen Seitenarm vom Amazonas ankommen, brauchen wir jetzt nur noch ein Boot, dass uns ca. 2 km weiter Flussaufwärts an einer bestimmten Stelle auf der anderen Uferseite absetzt um weiter und tiefe in den Dschungel zu marschieren, um zu unseren Ureinwohnern zu kommen.
Pustekuchen. Weit und breit kein Boot zu sehen, dass uns dort hinbringen könnte. Eine hochschwangere Frau, die gerade die Hühnerleiter zu ihrem Stelzenhaus mühsam hochklettert kann uns auch nicht weiterhelfen. Ihr Mann, der ein Boot am Ufer liegen hat, ist im Busch unterwegs und kommt erst irgendwann mal wieder. Sehr gut zu wissen. Hmmm. Während des Wartens auf dass irgend jemand doch noch auftauchen könnte, schau ich einer jungen Frau in einem Boot zu, wie sie ihre Wäsche wäscht und denke nach. Klar doch, hier gibt es keinen Ticketschalter oder ein Telefon um mal eben kurz anzurufen: „Hey da, schick mal ein Boot rüber, wir möchten gerne da und dorthin“. Und irgendwann bietet mir dann Manuel dann an, einen kleinen Seitenarm des Flusses in einem mit bereits Wasser gefülltem Bootsfrack (Holzkanu) zu Fuss zu überqueren, das halb quer über dem Wasser liegt. Wir haben Gummistiefel an, wieso eigentlich nicht? Erst Mal testen, ob das Boot nicht kippt. Nachdem Manuel die erste Überquerung sicher überstanden hat, nimmt er meine Kamara und bringt sie sicher ans andere Ufer, dass sie zumindest überlebt, wenn ich ins Wasser falle. Alles ne sehr wacklige Angelegenheit, aber alle Ausreden sind tabu, nachdem meine Kamara auf der anderen Seite bereits auf mich wartet. Oh je. Manuel geht vor. Das Boot ist super klitschig im Innern, teilweise gehen wir balancierend auf dem Rand des Bootes bis zu den Sitzbänken, um dann wieder im Boot zu gehen. Mit der Hand Manuels kann ich mich so einigermassen balancieren…und wir beide kommen sicher am anderen Ufer an.
Weiter geht es durch den matschigen, rutschigen Dschungel mit undichten Gummistiefeln, denn zwischenzeitlich schwimmen meine Füsse förmlich in den Gummistiefeln. Sind wohl nicht ganz dicht. Die vom Manuel quitschen bei jedem Schritt – seine sind also auch nicht ganz wasserdicht. Lach. Irgendwann bleibt er stehen, schaut über das Flussufer und fängt an zu pfeifen und zu rufen. Aha. Noch eine Überquerung eines Flusses steht uns bevor und wieder keiner, der uns rüber bringt…und der, den er wahrscheinlich ruft, hört uns nicht. Eine Einheimische im Kanu kommt uns dann zu Rettung. Sie tauscht ihr Kanu gegen ein grösseres am anderen Uferende ein und muss erst mal ordentlich Wasser schaufeln, um das halb versunkene Kanu zu uns zu manövrieren. Aber bald sitzen wir im Kanu und rudern zur anderen Uferseite. Wir kämpfen uns die glitschige Böschung hoch und nach einiger Zeit hören wir schon Getrommel & Gesang. Aha…nicht mehr weit vom Ort des Geschehens. Das ist hier alles wie in einem alten schwarz weiss Hollywoodfilm – ein älteres Stammesmitglied der Ureinwohner der Yahuas kommt uns mit einem Baströckchen und einer bunten Federkrone entgegen. Genauso habe ich es mir immer als kleines Kind vorgestellt. Wir werden zu einem Platz mit einer riesigen, palmenbedeckten Hütte gebracht wo ringsherum drei kleine Stelzenhäuschen stehen, die so ähnlich aussehen wie ein palmenbedecktes Försterhaus. In der grossen Hütte wartet man bereits auf uns. Ich stelle schnell fest, dass wir nicht direkt bei dem Stamm sind, sondern lediglich einen Ort, wo wir nur empfangen werden. Der eigentliche Zugang bleibt uns verwehrt. Man möchte nicht auf Komplikationen stossen, das einige Stammesväter immer noch nicht mit der Zivilisation in Berührung kommen möchte – zu sehr nagt man immer noch an der Vergangenheit, wo die „spanischen Konquistadoren“ auf grausamste Weise die Amazonen misshandelt und getötet haben. Es gibt noch mehrere Gründe…aber hauptsächlich das Misstrauen und dass sich die Besucher einfach nicht an die goldenen Regeln dieser Ureinwohner halten – und man will ja nicht wieder zum Kannibalismus zurückfallen, was zu Urzeiten völlig normal war…
Wir werden mit einem grossen Hallo in Empfang genommen. Schliesslich gehört Manuel irgendwie zu ihnen. Es ist Gross & Klein vom Ureinwohnerstamm YAHUAS vertreten. Sie sehen komplett anders aus als Peruaner – man merkt den Touch vom Dschungel, klein, beweglich, schlank, dunkle Haut, schwarze Haare, andere Mimik und sehr durchtrainierte Körper. Manuel erzählt mir ein wenig über sie. Dann fangen sie an, für uns zu singen & zu tanzen – als kleiner Willkommensgruss. Kurz darauf lege ich die traditionelle Bastkleidung an und man zeigt mir, wie man heut zu tage noch immer jagt, mit einem Blasrohr und Giftpfeil. Bei meinem ersten Versuch, trifft mein Pfeil in eine dafür vorbereitete, geschnitzte Holzfigur direkt in das Herz, beim zweiten Mal in den Hals – nicht schlecht für das erste Mal. Ich ziehe noch ein wenig durch die Gegend, um ein paar Fotos von den Kindern und dem Stamm zu schiessen und wir sitzen da und geniessen die Atmosphäre für eine geraume Zeit. Wann ist man schon am Amazonas mitten unter Minderheiten, die kaum jemand zu Augen bekommt, wenn man sie nicht aufsucht? Dann verabschieden wir uns, und der Stammesvater höchstpersönlich zum Amazonasufer und setzt uns mit einem Holzkanu über zur anderen Seite, wo wir wieder den Heimweg antreten.
Dieses Mal machen wir jedoch Stopp an dem Dorfkiosk. Wir haben uns eine Coca-Cola nach all den Strapazen verdient. Aus dem Radio klingt herrliche Latino Musik, Salsa, Bachata, Merenque…wieso eigentlich nicht tanzen? Uns so schnappt mich Manuel und erklärt mit Bachata und tanzt mit mir…nun ja, Bachata tanzen kann ich ja, aber für die Latinos tanzen wir nie gut genug! Wir kommen ganz schön ins Schwitzen, es ist aber einfach wunderbar bei glühender Hitze die Lebensfreude Perus & ihre Musik zu spüren. Glatte 2 Stunden sitzen, trinken, quatschen und tanzen wir. In der Zwischenzeit ist schon gut das halbe Dorf versammelt, vor allem Kinder, um uns interessiert zuzuschauen.
Nur der Hunger bringt uns zurück zur Lodge, wo wir wieder einmal total verwöhnt werden – es ist einfach schlemmen, nicht mehr essen. Mit einem straffen Programm machen wir uns kurz danach auf den Weg runter zum Amazonas, vorbei an einem Lotusteich und über viele Bretter über die Feuchtzone hinunter zum Ufer. Jetzt angeln wir Pirañas! Ich und angeln? Auf ganz naive Art und Weise geht das Angeln vor sich. Einfach ein Ast, Angelschnur, Haken und Hühnerfleisch. Zum Abendessen soll es Pirañas geben oder was für ein Fisch wir auch immer an Land ziehen. Ich lasse erst Mal Manuel ans Werk, der mir ausgiebig erklärt, wie man fischt. Mich fasziniert mehr der Amazonas, das Fleckchen hier am Ufer ist einfach zu schön, um zu angeln. Irgendwann ist dann meine Runde…ich bin ziemlich erfolglos und ziehe nur kleine Fische an Land – bei Manuel, was mein Trost ist, klappt es auch nicht viel besser. Irgendwann haben wir 6 kleine Fische, die wir wieder frei lassen und 2 Pirañas – wird heute wahrscheinlich nichts mit dem Abendessen Fisch aber wir amüsieren uns göttlich. Selbst die kleinsten Pirañas haben super scharfe Zähne. Pirañas: In Minuten können sie eine ganze Kuh essen. Ich teste die Schärfe der Zähne anhand einer super kleinen Piraña an der Angel. Manuel öffnet mir das Maul des Fisches und tatsächlich – wow…und eh ich mich versehe, hat er zugebissen – AUTSCH!!! Aus meinem Zeigefinder hat der kleine Piraña von ca. 4 cm Länge, es tatsächlich geschafft ein Stück herauszunippen! Ich hab jetzt ein wortwörtlich „kleines Löchlein“ im Zeigefinger und es brennt und blutet wie verrückt! Irgendwann ist das Hühnerfleisch zu Ende und wir haben unser Abendessen immer noch nicht gefischt! Egal, was solls…die Haushälterin der Lodge ist einfallsreich und wird uns bestimmt mal wieder was ausserordentliches zaubern.
Wir machen uns auf den Weg zurück zur Lodge, denn wir wollen noch beim Sonnenuntergang am Amazonas meditieren – unsere Bank wartet auf uns. Wieder einmal lassen wir uns dahin treiben mit den Geräuschen des Urwaldes, während ich neben dem Meditieren auch an meinen Herzallerliebsten denke und mir förmlich vorstelle, dass er bei mir ist…das ist zwar nicht unbedingt meditieren, aber für mich eine Form ihn telepathisch teilhaben zulassen und ihn in die Meditation einzuschliessen. Wie ich es liebe diese Zeit für so was wahrzunehmen und wertzuschätzen, was man und wen man ums sich in seinem Leben hat…einfach Dankbarkeit.
Das Stromgenerator unterbricht unser Schweigen. Nichts wie die Energie nutzen und den Kindern auf meinem PC ein paar Videos von meiner letzten Reise zeigen – schliesslich haben sie in Nepal noch nie Elefanten gesehen. Ich habe eine ganze Meute um mich, und es macht einfach Spass, sie voll Freude und total interessiert um mich zu haben. Bald sitzen wir beim Abendessen mit Huhn, Bohnen, Yuca und einer sehr schmackhaften Sosse aus Tomaten und sonstigen geheimnisvollen Zutaten. Wieder einmal ein besonderer Tag, der mit tiefgreifenden Gesprächen über das Leben endet.