Taipeh – wenn all das Unbekannte Dich noch mehr berührt als das ganze Große drumherum
Taipeh – wenn all das Unbekannte Dich noch mehr berührt als das ganze Große drumherum
2. März 2023, Donnerstag
Taipeh – Shilin – das Nationale Palast Museum – Zhishan Garden – Professorin Christina – Shuangxi Park – Shilin, sein Essen & Li aus LA – The Lin Family Mansion and Garden – Jorge und sein unsagbares Talent – Tempel über Tempel – der Nachtmarkt in Ximen – Milchtee und seine Bubbles
Motto:
Die Zeit ist nicht wichtig, wenn die Magie & das wunderbare Erlebte tief in Deine Seele eingebrannt sind.
Wieder einmal früh aufstehen, man will ja schließlich was erleben und um 17 Uhr wird es schon dunkel. Heute war einmal wieder ein äußerst sonniger Tag und ich machte mich auf zu dem Nationalen Palast Museum, von dem jeder schwärmt und das in Taipeh ein absolutes MUSS ist. Wieder einmal musste ich mich auf das Metrochaos einlassen und dann noch eine Busfahrt zum Palast Museum in Shilin – alles nicht so leicht, wenn Dich kein Mensch versteht und mein Handy immer noch nicht funktionstüchtig ist – sonst könnte ich einmal kurz alles übersetzen oder abfotografieren und übersetzen lassen. Was nicht heutzutage alles geht? Wahnsinn! Aber ich habe alles geschafft und war innerhalb einer guten Stunde an meinem Ziel angekommen. Der Palast erinnerte mich von außen an die Verbotene Stadt von Beijing. Total überwältigend und großflächig, das imposante Gebäude und einfach wunderschön. Wenn auch alles aus Beton ist aber immerhin typische chinesische Architektur. Charakteristisch sind auch hier die geschwungenen Dächer und die wuchtigen Steinterrassen. Der visuelle Eindruck hat mehr Wert als alles andere und alles ist wunderbar bunt bemalt, vor allem in Rottönen und mit unendlichen Skulpturen aus glasiertem Ton. Die Kunstsammlung wurde im Museum pompös auf 3 Stockwerken ausgestellt. Bis ins kleinste Detail…Wenn man einfach nur das Ganze ohne großem Drumherum ausgestellte, hätte ein kleines Museum auf 2 Etage gereicht. Ich habe mir mehr aus vergangenen Zeiten wie Möbelstücke, Trachten oder Kutschen vorstellen können. Aber nein, es gab unendlich viel Porzellan, Schnupftabakflaschen in Kleinformat, kopierte Kaligrafien, gusseiserne Behälter und Tonkrüge – alles aus dem Bestand der letzten Kaiserdynastie, da der Kaiser selber ein Sammler war. Also nichts, was mich vom Hocker gehauen hätte. Aber was ich total klasse fand war der angelegte Garten neben dem Palast Museum.
Der Zhishan Garden hat eine überaus traditionelle chinesische Gartenbautechnik und ist für mich von einer überwältigender Atmosphäre erfüllt. Ich empfinde ihn wie ein sich lange entfaltendes Landschaftsgemälde. Er gab mir unheimlich viel Ruhe und Gelassenheit. Der Zhi-de-Garten mit einer Zickzackbrücke, einem Teich und mehreren kleinen Teakholz Pavillons fesselten mich ungemein und ich war doch sehr lange und habe sogar Qi Gang gemacht. Überall war auch alles schon am Blühen und duftete, der Frühling sagte sich bereits an.
An der Bushaltestelle traf ich dann eine Professorin, Christina. Sie hat Ungarn vor mehr als 15 Jahren verlassen, lebte seitdem in Taiwan und unterrichtete Englisch an einer Universität. Sie bewunderte meinen Mut alleine zu reisen. Und ich bewunderte sie, dass sie sich auf einer Insel durchzuschlägt, wo man nichts versteht und fast keiner der englischen Sprache mächtig ist sie zudem perfekt chinesisch spricht – was ist da schon alleine reisen? Und dazuhin kommt, dass sie in den Sozialen Medien ziemlich bekannt ist, wie ich später auf ihrem Instagram feststellte.
Ich besuchte kurz nach unserer Bekanntschaft noch den Shuangxi Park in Shilin, auch ein kleiner botanischer Garten mit vielen Teichen, der mich ebenso faszinierte.
Der Hunger trieb mich jedoch bald Richtung Metro Station und ich entschied mich für ein kleines Restaurant und bestellte Nudeln mit Gemüse. Göttlich. Wenn auch die Bedienung schockiert darüber war, dass ich mit Sojasoße würzte – das ist für die Taiwanesen wie Paella mit Ketschup. Grins. Am Tisch mit mir saß Li, die lange in LA lebte, 60 Jahre alt war und vor kurzem nach Taiwan zurückkam, um bei ihrer 85 jährigen Mama zu sein. Wir unterhielten und über alles Mögliche und ihr tat es leid, dass sie mich nicht begleiten konnte und mit etwas von ihrem „persönlichen“ Taiwan näher bringen konnte. Eh ich mich versah, lud sie mich zum Essen ein. Wir tauschten unsere Kontakte aus und seitdem bekomme ich fast täglich kleine Empfehlungen für meine Reise in Taiwan, seien es Orte, Essen oder sonstiges.
Meine Tagestour ging weiter und ich hatte genug von großen Dingen, die man unbedingt sehen muss. Ich wollte mich lieber auf Etwas konzentrieren das sich mehr auszeichnete durch seine Tradition und Kultur und so landete ich in The Lin Family Mansion and Garden. Die Gärten der Familie Lin. Ein absoluter Traum. Ich fühlte mich wie in ein anderes Zeitalter zurückversetzt. Zwischen 1888 und 1893 erbaut ist es ein absolutes Kleinod und wortwörtlich ein historisches Erbe und Zeuge der Vergangenheit der Qing Dynastie. Traditionelle chinesische Gärten mit Teichen umgeben das ca. 150 Jahre alte Herrenhaus, das allerdings nur mit einer privaten Führung begangen werden kann. Woran ich natürlich teilnahm, mir war egal, dass es die Führung nur auf Chinesisch gab. Ich wollte es einfach nur sehen. Und es hat sich gelohnt. Ein Meisterwerk der Kunst. Die Außenwände des Hauses sind komplett mit Ziegelornamenten bedeckt. Es gibt feine Schnitzereien an den Türen, in den Hallen und an den Säulen, die die Dachabdeckungen über der vorderen Veranda tragen. Einzigartige Fenster in verschiedenen Stilen machen das Ganze noch zu einem größeren Kunstwerk. Das komplette Anwesen spiegelt die Schönheit der traditionellen chinesischen Architektur wider. Danach eroberte ich den großen botanischen Garten und weitere typische Häuschen und Pavillons. Alles inmitten der Großstadt Taipeh und von Hochhäusern umzingelt.
Dann lernte ich Jorge kennen, einen Taiwanesen, der immer Lins Garten besucht, um Videos zu drehen und Fotos zu knipsen. Jorge und sein unsagbares Talent zur Fotografie wurden mir nichtsahnend zu Nutze, den aus einem Foto von mir wurden unzählige und er manövrierte mich durch das gesamte Anwesen, um mich zu knipsen und um mich eins werden zu lassen mit dieser ganz eigenen Welt. Danach nahm er mich noch mit zu einem kleinen und einem riesigen Tempel und er erzählte mir so einiges über die Götter, die die Taiwanesen verehren, führte mich zum Nachtmarkt in Ximen und erklärte mir sämtliche Spezialitäten, wovon ich auch einige probierte, wie beispielsweise fritierter Reis mit Schweineblut oder „stinkender“ (gegärter) Tofu und kaufte mir noch einen Adapter für mein Handy. Meiner war anscheinend kaputt und transferierte nicht mehr die 110 Volt auf 220 Volt und ich dachte, mein Handy wäre schon wieder kaputt. Anschließend lud er mich noch auf einen Milchtee ein, der mit Bubbles war. Ein seltsames Gefühl, wenn man das trinkt, besser gesagt, die Bubbles hintern einem daran zu trinken und dann sind sie noch mit was Süßem gefüllt. Wäre ich nicht eingeladen gewesen, hätte ich den Tee nicht weitergetrunken. Und dieser Tee ist gerade voll trendy. Grausig. Und Du fragst Dich, wie wir uns unterhielten? Mit dem Google Übersetzer auf dem Handy. Das war lustig – der einzigste Nachteil, wir waren die ganze Zeit am Tippen aber wir hatten unseren Spaß. Und als ich dann nach Hause ging, verneigte er sich vor mir. Man schüttelt in Taiwan keine Hände und küssen tut man sich schon gar nicht – auch nicht auf die Wange. Ich erklärte ihm die spanische Tradition mit den zwei Küsschen auf der Wange und er meinte nur: Jetzt? Es blieb bei einer Verneigung und jeder ging seines Weges. Was für ein Tag, soviel erlebt, gesehen und gelernt. Soviel gehört, gerochen und probiert. Ich bin so dankbar dafür, dass heute alles erlebt zu haben.