SAN JOSE DE CHIQUITOS – WEGKOMMEN UNMÖGLICH?

SAN JOSE DE CHIQUITOS – WEGKOMMEN UNMÖGLICH?

Dienstag, 25.12.20 – 1. Weihnachtsfeiertag

SAN JOSE DE CHIQUITOS

MOTTO:

AUCH MIR SEI MAL EIN AUSTAG GEGÖNNT – SICH EINFACH TREIBEN LASSEN OHNE SCHLECHTEM GEWISSEN ODER ÄRGERNIS ETWAS VERPASST ZU HABEN! SOLCHE „NICHTS TUN TAGE“ GEHÖREN AUCH ZUM LEBEN! EINFACH DAS HIER & JETZT HINNEHMEN & ZURÜCKLEHNEN!

 

Endstation Busterminal – in der „Wüste“ Boliviens – warten aufs Christkind – Paradiesvögel aber keine Mobilität – Panatone & Pepsi; Frühstück auf bolivianisch – Videochat mit der lieben Familie – Reiseberichte – Mittagsnickerchen – Fotos, Fotos, Fotos – Drink am Kiosk nebenan – Spaziergang durch die Provinz – Schmetterling flieg! – Balnearios ohne Wasser? – mein erster Videoabend – Mate vor der Türe mit Enkelchen – frühe Bettruhe

 

Wer hätte das gedacht? Das frühe Aufstehen am 1. Weihnachtsfeiertag! Mein „Herbergsvater“ will mich gar nicht gehen lassen – aber gleich vor der Türe wartet bereits per Zufall ein Motorradtaxi, dass mich zum Busterminal bringt. Mit Koffer, Rucksack, Picknick und mir! Wenn 5 Leute auf ein Motorrad gehen dann auch ich mit Sack & Pack! Bereits um 8 Uhr bin am Busterminal. Endstation. Alles lahmgelegt – zweiter Weihnachtsfeiertag! Aus meiner Fahrt nach Robere, ca. 150 km von hier, schein heute nichts zu werden, zumindest nicht vom Busterminal aus. So schnappe ich meine Koffer und wandere Richtung Kreuzung, von wo aus die Busse Richtung brasilianische Grenze fahren. Ich gebe mir bis 10.30 Uhr, um mir eine Chance zu geben heute noch nach Robere oder zumindest in die Richtung zu kommen.

Die Sonne prallt auf mich wie in der Wüste und ohne jegliche Oase oder Schatten! Kein Baum in Sicht – und kein Auto. Auf dem Weg zur Straße Kadaver und Skelette von toten Hunden und Gedärme von Kühen – wahrscheinlich wurde eine Kuh gestohlen und an der Straße gesäubert, was erbärmlich stinkt! Über mir Adler! Im Gebüsch zirpt es und viele Insekten brummen vor sich hin. Neben der grünen Vegetation von mir sehe ich kriechende Schnecken auf Yuca Palmen, undefinierbar aussehende Grashüpfer in allen Größen und sonst irgendwelche Insekten, die ich vorher noch nie gesehen habe. Zum Glück keine Skorpione oder Spinnen. Alles unterwegs bezüglich der Tierwelt aber kein Auto. Ein Motorradtaxi hält erneut und bringt mich freundlicherweise noch eine Kreuzung weiter, in der Hoffnung auf mehr Chancen von einem Minibus, Trufi oder sonst irgendjemand mitgenommen zu werden. Das ist wie das Warten auf das Christkind! Mit dem Unterschied, dass das Christkind kommt! Ob ich tatsächlich per Anhalter fahren soll, da bin ich mir gar nicht so sicher. Keiner empfiehlt es! Bei jedem vorbeikommenden Auto kämpfe ich mit mir und überlege, ob ich den Daumen rausstrecken soll. Meine Entscheidung fällt auf „nein“ und ich setze mir ein weiteres Ultimatum von 30 Minuten. Nachdem nur ein Trufi mit Robere an mir vorbeirast ohne nur anzuhalten obwohl ich ohne Ende mit meinen Händen wedele, entscheide ich mich für den Rückweg!

Paradiesvögel, wie Tucane, ja, Tucane, fliegen über die Strasse mit ihren prächtigen Farben – aber keine Mobilität in Sicht!

Auf dem Weg zurück hält mal wieder ein Motorradtaxi – damit habe ich mehr Glück, aber die bringen mich nicht dahin wo ich hin will! So geht es eben zurück zu meinem Hostal, dem Patriachen, der mich gleich warm mit einem Frühstück begrüßt: Panatone & Pepsi – „das“ Frühstück anscheinend auf bolivianisch am 1. Weihnachtsfeiertag! Immerhin, was für ein Empfang und welche Freundlichkeit! Dankend nehme ich an!

Der Zeitpunkt meiner Rückkehr ist wie vorprogrammiert, denn kaum beziehe ich erneut mein Zimmerchen, bekomme ich den allerersten Videochat mit der meiner lieben Familie! Alleine deswegen hat es sich gelohnt, nicht an mein gewünschtes Ziel zu kommen, denn wenn man ständig unterwegs ohne Internet ist, wer will einem denn erreichen? Ich geniesse die Zeit mit meiner Mama & Papa, die zum aller ersten Mal in ihrem Leben diese Technik erfahren! Meine Mami starrt mich immer wieder unfassbar an, während mich mein Papa bis über beide Ohren anstrahlt! Meine Nichte Bella sitzt daneben und erklärt ihnen die ganze Technik „Bahnhof“. Mein Papa hat ein Ipad gewonnen aber von der Technik keine Ahnung! Normal in diesem Alter und ich bin sehr dankbar, dass Bella ihnen hilft, das Ding zum funktionieren zu bringen! Das tut so gut! Noch ein schönes Weihnachtsgeschenk für mich, die Stimme & Gesichter meiner Eltern! Heute wird so wie es aussieht ein Tag des Entspannens und Nichtstuns und einfach den Tag so hinnehmen wie er istman kann ja nicht immer Hummeln im Hintern haben. Immerhin Zeit für meine Reiseberichte, endlich gutes Internet! Zwischendrin bei der schönen kalten Airconditioning im Zimmer ein kleines Mittagsnickerchen, was bei mir eigentlich nie vorkommt, aber es tut einfach gut! Und danach Fotos hochladen – Fotos, Fotos, Fotos! Seit fast 2 Wochen warte ich auf dieses einmalige Chance mit dem schnellen Internet ohne wenn und aber, also nutzen bis zum geht nicht mehr!

Um 16 Uhr brauche ich eine Pause und gehe zu einem Kiosk! Andere holen sich Bier und ich ein heimische Papaya – die „Fanta“ Boliviens, eisgekühlt, sprudelnd und in einer Flasche serviert! Splash! Auf einem Plastikstuhl sitze ich vor dem Kiosk und geniesse das erfrischende Getränk!

Obwohl es brüllend heiß ist, entscheide ich mich für einen Spaziergang durch die Provinz und einem kleinen Park. Auf den Weg zu den Balnearios begegnet mir ein Schmetterling, der sich tatsächlich auf meinen Finger sitzt und dort eine gute Zeit verweilt! Wow! Wer hat mir wohl diesen Schmetterling geschickt? Ich weiß wer, grins. Er flattert weiter und ich schicke mit ihm eine stille Post!

Mal sehen wie unsere Balnearios heute sind, vielleicht lass ich mich dazu ermuntern, doch noch schwimmen zu gehen, falls man das Baden im „Plantschbecken“ schwimmen nennen kann. Das erste  Balneario ist total überfüllt und in der prallen Sonne, im zweiten sieht man nicht mal mehr das Wasser – aber um das Becken drumherum riesige Wasserpfützen! Das muss ich mir nicht antun! Im Hotel neben an ist auch ein Pool mit Liegen, aber dieser Pool ist super klein und ganz und gar nicht tief. In Robere habe ich noch mehrere Chancen auf Balnearios – hier sind sie vom Fluss gespeist und mitten in der Natur, sicherlich mehr attraktiv als das hier!

Auf dem Rückweg Totenstille. Alle sind sicherlich bei ihren Familien um Weihnachten zu feiern. Mein Patriach sitzt vor seiner Haustüre und liest die Bibel während seine Familie Mittagschlaf hält. Sie kommen aus Santa Cruz und einige der Enkel haben ihren Opa schon seit 2 Jahren nicht mehr gesehen. Sie besuchen zwar den Opa, aber alle scheinen ihr Leben weiter zu leben und beachten ihn nicht sonderlich viel – zumindest mein Eindruck!

Ich entscheide mich, ein Video zu schauen – wenn ich schon mal das gute Internet habe! Seit Jahren habe ich kein Video an heilig Abend gesehen, das liegt bestimmt 13 Jahre zurück!

Als es draußen dunkel ist, genieße ich nochmals die Beleuchtung vor der Kirche direkt vor meiner Nase. In der Kirche findet gerade eine Trauung statt, aber die Akustik ist so schlecht, dass ich der Trauung wirklich nicht beiwohnen will – zu dem ist es stickig warm und es geht kein Lüftchen.

Die Enkelchen sitzen mit Mate vor der Türe (Spezialität in Argentinien) und ich geselle mich ein wenig zu ihnen, bevor ich heute ausnahmsweise mal eine frühe Bettruhe genieße. Ein aktionsloser Tag aber aufgeholt mit dem bereits Erlebten und den einmaligen Eindrücken. Es lebe das Leben!

 

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