DER AMAZONAS & SEINE LEGENDEN ODER HEIMWEH NACH MEHR

DER AMAZONAS & SEINE LEGENDEN ODER HEIMWEH NACH MEHR

Samstag, 17.11.2018

 

Amazonas

 

MEIN MOTTO FÜR HEUTE:

LEGENDEN GLAUBEN SCHENKEN & EINTAUCHEN IN DIE FASZINATION DES AMAZONAS

 

Ausschlafen – Frühstück – auf der Suche nach rosaroten Delfinen – Schlammbad oder medizinischer Spa – schwimmen & relaxen im Amazonas – Henkersmahlzeit – meditieren & Abschied von einem Paradies – verloren auf den Nebenarmen des Amazonas – Sonnenuntergang am Amazonas – Ureinwohner unweit von Iquitos – Iquitos und sein Nachtleben an der Uferpromenade – Life Musik oder tanzen bis zum Abwinken

 

Man kann auch mal einfach ausschlafen und ohne Stress den Tag starten lassen. Um 8 Uhr sitzen wir am Frühstückstisch – immerhin war ich ja schon um 22 Uhr im Bett. Ohne Strom sind die Tage kürzer und man passt sich dem „Tageslicht“ an. Heute wird ein interessanter Tag – wir sind mit dem Holzkanu, allerdings mit Motor, nicht paddelnd, auf dem Amazonas unterwegs um noch nach mehr rosaroten Delfinen Ausschau zu halten. Der Aussenbordmotor wird für jede Nutzung zum Kanu getragen, damit auch keiner auf die Idee kommt, sich das Kanu „auszuleihen“.

Alles ist generell sehr sicher, es wird nicht gestohlen. In den letzten 4 Tagen hatte ich „Tag der offenen Tür“ in mein Zimmerchen – kein Schlüssel. Überall ist es so. Die Pfahlbauten haben nicht mal eine Tür zum eintreten, wenn man erstmal mit der Leiter oben angekommen ist. Nur unser Kiosk schliesst über Nacht seine Holzverschläge. Alles ist sicher – nichts kam von meinen Wertsachen abhanden. Mein PC, meine Kamara, mein Bargeld. Die Einzigsten die ab und zu mein Zimmerchen betraten, waren die Hunde der hiesigen Familie, die mir durchweg während der gesamten Zeit hier auf Schritt und Tritt folgten – es sei denn ich verliess das Anwesen.

Während ich auf unsere Vorbereitungen warte, legt sich Anton, der kleine 5 jährige Junge der Familie auf meinen Schoss und schaut mich ununterbrochen an. In den letzten Tagen haben die Kinder sich so richtig an mich gewöhnt und wurden sehr zutraulich, kämmten mir die Haare, streichelten mir über den Kopf, fassten neugierig meine Augen an oder setzten sich mir auf den Schoss. Ich habe dieses Vertrauen sooo genossen. Meine Ersatzkinder. Wir brachten uns gegenseitig so zum Lachen – sie werden mir wirklich fehlen.

Ab zum Boot uns los geht es. Schon in Sekunden sind Manuel und ich von den rosaroten Delfinen umgeben – er scheint sie magisch anzuziehen. Mit Pfeifgeräuschen und pusten hält er sie auf Trab. Es sind vier an der Zahl, die immer wieder auf – und abtauchen und mir keine Zeit lassen sie zu fotografieren. Als sie verschwinden fahren wir weiter Richtung Nebenarmen des Amazonas, wo aufgrund der Strömung mehr Fische und somit auch Delfine sind. Fünf an der Zahl, die dieses Mal in einiger Entfernung um uns sind. Kaum sind sie weg tauchen wieder neue auf. So geht es eine Weile weiter. Sie sind sooo schnuckelig süss und rosarot. Ich habe in meinem ganzen Leben nie so viele Delfine auf einem Fleck und an einem Tag gesehen. Sehr aussergewöhnlich – vor allem weil man  nicht grossartig nach ihnen suchen muss – man braucht einfach nur ein geschultes Auge.

Nach einer guten Stunde halten wir an einer Böschung mit dem Kanu an. Zeit für ein medizinisches Bad. Schlammbad. Mit dem Schlamm vom Amazonasboden schmiere ich mich von Kopf bis Fuss ein und lasse es trocknen. Dieser Nährstoffreiche Schlamm wird nach dem Trocknen vom Körper mit Wasser so nach und nach abgerieben. Es entwickelt sich auf der Haut eine Art Ölfilm, der mit dem Abspülen des Wassers die toten Hautzellen der Haut abwäscht. Was zurückbleibt ist eine samtweiche Haut. Ich brauche wirklich ziemlich viel Geduld, bis der Schlamm auf meiner Haut trocknet, da ich einfach zu viel aufgetragen habe. Einfach entspannen und geniessen und dann sehen wir weiter. Als es endlich soweit ist, ist es leichter gesagt als getan. Das Ganze ist wirklich eine seeeehhhhhrrrr ölige Angelegenheit und ich schütte tassenweise das Amazonaswasser über mich, bis ich mich entschliesse, gleich im Amazonas zu baden. Alle Vorsicht sei geboten! In Sekunden nimmt mich die Strömung meterweit mit und weit weg vom Boot. Ich kämpfe dagegen an und halte mich am Aussenbordmotor fest. Manuel war schon bereit dazu, mich mit dem Kanu aufzuholen und sah das Ganze recht nüchtern. Er weiss ja, dass ich schwimmen kann. Frecher Junge. Eine Warnung hätte genügt.

Es gibt sichere Stellen, wo man im Amazonas schwimmen kann – in den Nebenarmen. Wir machen uns auf die Fahr dahin. Manuel stoppt das Boot mitten auf einem weiten Arm und springt ins Wasser – er wirft nicht mal Anker und ich schaukele, durch den Schwung seines Sprunges, auf dem Kanu heftig hin und her. Als er wieder auf dem Kanu ist, lasse ich mich langsam ins Wasser gleiten – keine Piraña Gefahr, versichert er mir! Das Amazonaswasser ist zwar nicht klar und ziemlich braun aber trotzdem sehr erfrischend – das könnte man ewig aushalten. Als Manuel nochmals in Wasser springt, ist das Kanu ohne Besatzung und schaukelt so vor sich hin, bleibt aber an Ort und Stelle.

Während wir uns im Amazonas tummeln, bekommen wir exklusive Gesellschaft von den rosaroten Delfinen, die neugierig um uns schwimmen, sich aber nicht unbedingt nähern – sie haben Angst, „geangelt“ zu werden. Es gibt immer noch grausame Menschen, die das tun, leider. Wieder an Bord, vertraut mir Manuel eine Legende der Ureinwohner über die rosaroten Delfine an, die sonst so gut wie niemand weiss. Ich habe die Ehre sie als eine der ersten „Touristinnen“ zu hören. Er erzählt mir auch seine eigene Erfahrung mit den rosaroten Delfinen als er fünf war mit einer solchen Inbrust, dass man ihm einfach Glauben schenken muss. Sie haben ihn schon einmal das Leben gerettet. Und der Delfin, der ihn zum Land zurückgebracht hat, sah als Lebewesen so aus wie ich in jungen Jahren, deswegen das Urvertrauen zu mir, meint er. Aha…sehr interessant. Die rosaroten Fabelwesen werden immer von den grauen Delfinen begleitet und sind nie ohne sie unterwegs. Die grauen Delfine sind also die sogenannte Polizei, Leibwächter oder Begleitschutz der rosaroten, die ständig auf sie aufpassen. Das eigentliche Geheimnis über sie behalte ich für mich, einfach aus Respekt zu ihm und zu den Ureinwohnern soll diese Legende nur unter meinen Anvertrauten bleiben.

Nach unserer Henkersmahlzeit Fisch in unserer Lodge, heisst es nochmals Meditation und Abschied nehmen von unserem Paradies. Vier Tage mit (m)einer 7 köpfigen Familie und meinem Guide Manuel. Wie gesegnet bin ich! Niemand anders war mit uns! Kein anderer Tourist, der die vertrauliche Ruhe unter uns gestört hat! Wie geil ist das? Wo erlebt man so was? An diese Ruhe und Gelassenheit musste man oder besser gesagt ich, erstmal Mal gewöhnen…aber so geniesst man voll und ganz die ganze Schönheit ums sich herum ohne abgelenkt zu werden…selbst die Gedanken schweifen nicht mehr ab und man ist einfach bei sich selber. Während wir meditieren, weht plötzlich eine leichte Brise durch mein Haar – es ist als ob der Wind mir die Gedanken meines Liebsten bringt, mich streichelt & liebkost und mit seinen Händen durch mein Haar fährt – nein, ich bin nicht verrückt, einfach nur ab- und zu spirituell. Ja Du, genau Du, schüttele ruhig mit dem Kopf – es ist halb so…ich kann an meinen Gefühlen für Dich einfach nichts ändern, sie sind einfach da…Für mich ein magischer Moment…Aber irgendwann ging auch dieses Moment zu Ende…

Mit einer anderen Gruppe Touristen, die auf Tagesbesuch im Dschungel unterwegs waren, machen wir uns auf den Rückweg nach Iquitos. Die einzigste Möglichkeit, die sich für uns ergibt, es sei den man will noch Stunden und Tage hier verbringen – aber die Zeit rennt und ich muss leider zurück. Im Schneckenmarsch gegen die Strömung fahren wir stundenlang kreuz und quer auf dem Amazonas in Richtung Iquitos. Delfine tauchen teilweise in der Ferne wieder auf und ab. Die Sonne geht unter und wir sind immer noch nicht am Ziel.

Wir wollten noch ein Ureinwohnerstamm Boras besuchen, der ein bisschen abseits der Route ist und uns noch tiefer in die kleinen Arme des Amazonas treibt – den Nanay und Momon Fluss. Recht verwunschen sieht das alles hier aus….Unheimlich. Bevor das Tageslicht ganz „ausfällt“ kommen wir an und werden bereits an einem Holzsteg von einem fast nackten, jungen Mann (immerhin hat er eine knappe, sexy Leinenschürze an) empfangen. Der gesamte Stamm ist mit anderen Touristen in den Urwald für ein Ayahuasca marschiert. Schade. Wir können lediglich ein eindrucksvolles Foto mit Blitz von ihm und seiner anvertrauten „Oben Ohne“ Frau schiessen. Schade eigentlich – dennn dieser Stamm sieht wirklich ursprünglicher und einfach anders aus!

Da wir uns nun mit dem Strom bewegen, geht es deutlich schneller nach Iquitos zurück, vorbei an Ölraffinerien und Industrie. Das Nachtleben hat bereits begonnen – Samstagnacht, wenn es auch erst 19 Uhr ist. Salsaklänge aus sämtlichen Bars. Zurück zum meinem Hostal, Rucksack abliefern und kaum 1 Stunde später, steht Manuel mit seinem Freund Gabriel vor der Türe, um mir den Malecon von Iquitos und dessen Ausgehszene bei Nacht zu zeigen. Wie eine Partymeile am Amazonas, nur dass Gross & Klein unterwegs ist und kaum Touristen. Überall sind fliegende Händler oder Schausteller und Strassenbuden mit vielen unwiderstehlichen Leckereien.

Bald sitzen wir in einem Tuk Tuk Richtung eines Life Musik Konzertes. Der Türsteher verwehrt uns fast den Eintritt, weil er denkt ich bin mit meinen minderjährigen Jungs unterwegs – was? Entrüstet nenne ich das Alter der beiden und wir sind drin. Ich weiss jetzt auch warum das Ganze nicht für Minderjährige ist. Life Musik mit Go Go Girls, die uns ihren nackten Hintern (lediglich einen Stringtanga) entgegenstrecken und heftig damit wackeln. Meine beiden Männer sind wie hypnotisiert und bewegen sich zu den heissen Salsaklängen. Aber jede Nacht geht einmal zu Ende und diese recht bald.

Der Abschied von Manuel fällt schwer – 4 Tage mit einem tollen, professionellen Guide, der über alles bestens bescheid weiss…schliesslich ist er bei einem der Stämme des Amazonas geboren. 7-sprachig! Wow! Und ein „Medizinmann & Heiler“, wenn es um „Notfälle“ im Dschungel geht wie Skorpion, Schlangen oder Tarandelbissen etc. Mit einem Kompliment an mich, verabschiedet er sich von mir: Eine mit der einzigsten seiner Besucher, denen der Amazonasdschungel nichts angetan hat – ich sei wie im Dschungel geboren! Einst damit! Wow, was könnte man mir schöneres sagen. Das tut gut. Jetzt erst erwähnt er kurz, welche Notfälle er ständig „normalerweise“ im „Urwald“ hat. Mensch, ich bin echt gesegnet! Um 23 Uhr liege ich in meinem Stockbett und versuche mit der dröhnenden, lauten Klimaanlage einzuschlafen…Jetzt habe ich auch noch Dschungelfieber…man hat mich angesteckt, ich will wieder zurück!!!…

 

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