Santiago de Cuba oder die Berührung mit der Melanchonie einer Stadt

Santiago de Cuba oder die Berührung mit der Melanchonie einer Stadt

Freitag, 15.03.2019

SANTIAGO DE CUBA

MOTTO:

DIE ROSEN DES LEBENS – LEBE JEDEN MOMENT, LEBE JETZT!

Fotos auf meiner Facebook Seite Tina Volz unter dem entsprechend genannten Album! Danke!

Frühstück auf dem Dach – mit dem Moped Santiago erkunden – zum Ehrendenkmal Fidels & Compay Segundos – das Museum Diego Velazquez & das Museum Arte Colonial – auf eigene Faust zur Festung El Morro – zu Fuss auf abgelegenen Landstraßen – Bummel durch Santiago – mal wieder Pizza oder was – entspannen auf dem Dach – let the music play…oder das Museum von Bacardi

Nach einem langen und sehr ergiebigen Schlaf wache ich auf in meinem großen Bettchen. Da das Zimmer in einem Innenhof im Erdgeschoss liegt, sieht man nicht wie das Wetter heute ist – aber eins steht fest: Auf meiner gesamten Reise hatte ich zu 99% Sonnenschein und so steht man eigentlich immer mit dem Sonnenschein auf ohne überhaupt an eine Schlechtwetterfront zu denken! Ich lächle in mich hinein und freu mich schon auf mein Frühstück auf dem Dach.Ich bin super relaxt aber voller Aktivitätendrang. In Santiago muss man bereit sein, sich ein wenig mit den Verkehrsmitteln zu bewegen, denn einige interessante Orte befinden sich ein wenig außerhalb von Santiago. Mit dem Moped Santiago erkunden ist heute mein Motto oder zumindest was ziemlich nah um dieses Städtchen herum ist.Und so ist es dann auch. Ich stehe vor dem Hostal und stoppe ein Mopedtaxi, das mich zum Ehrendenkmal Fidels & Compay Segundos bringt, meine erste Anlaufstelle. Am Friedhof Santa Ifigenia steige ich dann ab und gehe Richtung Eingang. Erstaunlicherweise liegt Fidels „Denkmal“ direkt vor meiner Nase als ich dort ankomme. Ein riesiger Felsen auf dem einfach nur in großen Buchstaben Fidel steht und zwei frisch gepflückte rote Rosen links und rechts in einem Messingring neben seinen Namen dekoriert sind. Mehr wollte er nicht – er wollte kein riesiges Denkmal und nicht groß „erinnert“ werden…aber wer vergisst ihn schon? Die Geschichte hat ihn auch so schon zur Legende gemacht. Hmmm…wie soll ich dieses Grabmal deuten? Der Fels in der Brandung…ohne Worte. Das sagt alles und welche Wichtigkeit er für sich selber war… Einige Sekunden verweile ich am Grab – ich weiß wirklich nicht ob er es verdient länger hier zu stehen und ihm Ehrenerweisung zu erbringen. Komisches Gefühl. Einerseits hat er so viel gutes getan aber andererseits ließ er seine Kubaner leiden und teilweise immer noch an der langen Hand verhungern…Ich beschliesse weitere bekannte & berühmte Persönlichkeiten aufzusuchen. Wie beispielsweise die Familie Bacardi, Kubas ersten Präsidenten, Jose Marti und viele, viele mehr. Dieser Friedhof wirkt wie eine kleine Stadt. Überall riesige Monumente, Tempelstätten und Engelchen. Nach etwas suchen und Fragen entdecke ich auch schließlich die letzte Ruhestätte von Compay Segundo. Ein riesiger flacher Grabstein mit einer Bronzegitarre, auf dem ein Hut lehnt. Insgesamt sind 96 Bronzerosen auf den Grabstein eingelassen mit den Worten:

Die Rosen des Lebens! Meine Augen füllen sich mit unendlichen Tränen. Compay Segundos Leben war Musik! Er hat so viele Menschen mit seinen Liedern erfreut und gute Laune gemacht! Mit dem kubanischen Duo Los Compadres wurde er in den 50 Jahren sehr schnell bekannt und berühmt. Du kennest doch bestimmt das Lied „Chan, Chan?“ Oder „Lagrimas Negras“? 1997 kam der große Durchbruch zum Star als Wim Wenders den Film Buena Vista Social Club weltweit in die Kinos brachte – und mit ihm all die „alten“ Stars von Kuba wie beispielsweise Ibrahim Ferrer oder Omara Portuondo. Die Rosen des Lebens…wie wahr…96 Jahre gelebt und jedes Jahr davon war wie eine Rose. Faszinierend im Duft & Farbe und in der Blütenpracht. Das soll uns doch sagen lebe jeden Moment, lebe jetzt, denn all die Pracht verblüht so schnell! Jede Sekunde, jede Minute im Leben zählt! Und ob Du es glaubst oder nicht, stehe ich vor seiner Erinnerung und fange an seine Lieder zu trällern bevor mich die Melancholie ergreift und ich diesen Andachtsplatz verlasse. Mit dem Moped zurück ins historische Altstadtzentrum überlege ich was als nächstes ansteht. Klar doch! Das Museum Diego Velazquez. Nicht der bekannte Maler, nein, nein…der erste Inselgouveneur Kubas. Einer der ältesten Kolonialbauten Lateinamerikas und eines der ältesten erhaltenen Paläste Kubas! 1516 wurde sie im Mudejar Stil erbaut. Maurische und gotische Elemente kamen auch nicht zu kurz. Der Palast besitzt drumherum auch noch seine vergitterten Balkone. Innen ist es sehr rustikal eingerichtet und mit wunderschönen geschnitzten Holzdecken. 15 Jahrhundert eben. Direkt angrenzend ist das Museum Arte Colonial, das Einblicke in das Leben während der Kolonialzeit gibt. Solche Herrschaftshäuser lösen in mir immer ein solches Wohlbefinden aus, ich fühle mich förmlich zuhause! Allerdings übertrifft es nicht die Museen in Trinidad. Vorallem findet man Möble aus dem 16 & 17 Jahrhundert. Mich begeistern am meisten die bunten Glasbögen über den Türen, die immer je nach Sonnenstand bunte Lichter auf den Marmorboden der Räume werfen. Eine Kutsche steht in der Eingangshalle und im Innenhof ist ein kleiner Brunnen, um den tausende von Farnen und bunte Blumentöpfe stehen. Es gibt sogar einen Ofen, in dem das ganze gefundene Gold (besser gesagt geraubtes Gold) geschmolzen und zu Goldbarren gegossen wurden. Wieder einmal in ein Leben vor Jahrhunderten getaucht, mache ich mich auf eigene Faust zur Festung El Morro. Genau als ich das Museum verlasse, hält ein wenig weiter ein lokaler Bus, der doch tatsächlich in meine gewünschte Richtung fährt und ich presse mich in den proppevollen Bus. Die Fahrt geht bestimmt gute 20 Minuten durch die Nebenstrassen von Santiago, bevor man mir den Hinweis gibt auszusteigen und einen weiteren Bus zu nehmen, der mich noch ein Stückchen näher zur Festung bringen könnte, ansonsten würde es heißen bei praller Hitze ca. 2 km zu Fuß. Da genau vor meiner Nase ein kleines Lokal mitten im Nirgendwo liegt, entscheide ich mich dazu dort Mittag zu essen. Bald habe ich kleine Gambas in Tomatensoße auf frittierten, riesigen Bananenscheiben vor mir und trinke eine leckere kubanische Cola. Ich liebe diesen leichten Zimtgeschmack in ihr und ich hoffe ich kann heute Abend davon schlafen…aber zu dem fettigen Zeug, das zwar göttlich schmeckt, brauche ich sie einfach. Punkt. Als ich nach dem Essen die gleiche Schlange vor der Bushaltestelle sehe wie vor meiner Einkehr, beschließe ich lieber zu der Festung zu gehen und so gehe ich zu Fuss auf abgelegenen Landstraßen in die Richtung, was eigentlich ganz nett ist. Eine sehr schöne Landschaft und auch an der Küste mit Meerblick entlang mache ich mich auf den Weg und bin in einer guten Stunde dann auch dort. Ein Leuchtturm befindet sich direkt vor dem Fort und endlich mal ein wunderschöner – nicht so ein gittriger wie in Kolumbien – erinnerst Du Dich noch? Die Wüste bei Guajira im Norden von Kolumbien an der karibischen Küste? Das Fort dahinter sieht dem in Havanna ziemlich gleich. Beide sind vom gleichen Architekten Juan Batista Antonelli entworfen wurden. Ich bin umgeben von Wäldern der Sierra Maestra und der Küste des karibischen Meeres und zudem bietet sich auch von hier aus einen gigantischen Ausblick über die Bucht von Santiago und dem Meer. Über eine Zugbrücke betrete ich die riesige Burg und befinde mich in Sekunden in einer anderen Zeit. Die gesamte Anlage ist total verwinkelt und hat super dicke Steinmauern. Überall stehen riesige Kanonen. Der ideale Ort für Piratenfilme. Nach guten 2 Stunden vom Sattwerden der einmaligen Ausblicke, die sich von diesem Fort aus bieten, mache ich mich wieder zu Fuß auf den Rückweg. Kein Bus in Sicht und die Mopedtaxis nehmen höllische Preise für die 7 km zurück nach Santiago. Für mich heißt es 2 km zu Fuß und dann der Bus. Und ich habe Glück, kaum an der Bushaltestelle angekommen, kommt auch schon ein alter, klappriger Bus und nimmt mich mit zurück nach Santiago, wo ich noch ein kleiner Bummel durch Santiago unternehme und mal wieder Pizza oder was esse, die in Kuba echt süchtig macht, so knusprig und einfach göttlich. Bei einem kalten Drink entspanne ich danach auf dem Dach meiner Pension und bewundere den Sonnenuntergang über Santiago. Heute, an einem Samstag, ist ein Teil meiner Straßegesperrt. Unter dem Motto let the music play…haben sämtliche Trovas (Musikhäuser) Live Musik und alles tanzt und trinkt auf der Straße, und da bin ich natürlich dabei. Den Abschlusstanz findet dann im ehemaligen Museum von Bacardi statt, das in einer Parallelstraße liegt. Eine Clique Kubaner schleppt mich mit. Ein kleiner Junge mit einer Schlange um den Hals ist auch mit dabei, gerade Mal 12 Jahre alt. Er verdient sein Geld mit Fotos von oder mit seiner Schlange von der Sierra Maestra – ungiftig, wie alles hier in der Tierwelt! 1 Cuc = 1 Euro nimmt er. Und stellt euch vor, dieser kleine Junge flirtet mit mir bis zum geht nicht mehr. Das Augenzwinkern hat er wirklich gut gelernt. Tanzen kann er noch nicht und so tanze ich mit seinem Papa. Was für ein Tag – von Melanchonie zum tanzen und glücklich sein!

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