KÜNSTLERVIERTEL BARRANCO – EIN IN VERGESSEN GERATENES SEEBAD SUCHT SEINESGLEICHEN

KÜNSTLERVIERTEL BARRANCO – EIN IN VERGESSEN GERATENES SEEBAD SUCHT SEINESGLEICHEN

Montag, 12.11.2018

 

Lima – Iquitos

 

MEIN MOTTO FÜR HEUTE:

EINTAUCHEN IN DIE VERGANGENHEIT LÄNGST VERGESSENER ZEITEN

 

Frühstück unter Freunden – Abenteuer Metropolitan – Spaziergang durch das Barranco Künstlerviertel – Gaumenfreuden – Flug nach Iquitos, ab in den Amazonas

 

Ich liebe es an der langen Tafel mit all den anderen Backpackern zu frühstücken und Informationen auszutauschen. Heute Morgen bin ich irgendwie zu früh, alle sind schon weg oder kommen noch zum Frühstück? Man kann sich schnell wieder an Gesellschaft gewöhnen, das hätte ich nicht gedacht. Während ich herzzerbrechende peruanische Liebeslieder höre, die im Fernsehen laufen, kommt allmählich alles anmarschiert, aber alle nur mit dem Koffer und zum Aufbruch bereit. In Cusco muss momentan die Hölle los sein, denn so gut wie jeder den ich treffe ist auf dem Weg dorthin. Immerhin, das absolute Highlight in Peru Machu Pichu nur wenige Stunden davon entfernt.

Ich begnüge mich heute mit einer Tour ins Künstlerviertel Barranco. Auf eigener Faust. Gar nicht so leicht. Mit einem Minibus muss ich zuerst Mal in die Innenstadt Limas fahren um anschliessend auf den Metropolitan Bus zu wechseln, ein Bus, der die bekanntesten Viertel in Lima wie Miraflores (Hotelzone Touristen), San Isidro (elegantes Wohnviertel der Reichen), einige Seebäder und natürlich Barranco anfährt. Sich in die kleinen Minibusse zu quetschen ist gar nicht so leicht und man muss sich durchfragen um im richtigen Bus zu landen. Das mit der Metropolitan ist gar nicht so leicht, denn man braucht eine Chipkarte, die ich nicht besitze. Ich baggere also sämtliche Leute an, gebe ihnen das Geld für die Fahrt und im Gegenzug nehmen sie sich mit auf ihre Reise. Der Bus ist so rammelvoll, dass ich nicht mal sehen kann, wo ich überhaupt bin. Gefährlich kommt natürlich dazu, weil so eng aneinander merkt man eher nicht, wenn einem jemand an die Wäsche geht. Wieder mal muss ich mich durchfragen, um zu erfahren, wo ich aussteigen muss. Ein älterer Herr ist Gott sei Dank sehr hilfsbereit und nach einer wirklich guten Stunde bin ich auch endlich da.

Das Barranco Viertel war übersprünglich ein Fischerviertel. 1860 wurde es als Stadt anerkannt und sein Name wurde offiziell zu San Jose de Surco unbenannt. Gleichzeitig wurde Barranco zu einem bekannten und beliebten Seebad, vor allem für die Mittelschicht und für Ausländer. Sie bauten dort ihre Sommerresidenzen und prachtvolle Paläste. Eine Zugverbindung wurde gebaut, um es den Menschen zu erleichtern das von nun an beliebte Wochenendziel und Seebad zu erreichen. Bis 1950 fanden hier sämtliche Festivitäten statt, unter anderem Karneval. Und seitdem hat es sich zu einer Bohemia Limas entwickelt, wo sich immer mehr Künstler niederlassen. Für mich ist das Viertel super romantisch, mit seinen alten kolonialen Villen, die so langsam und allmählich verfallen und dem ganzen einen melanchonischen Touch verleihen. Es gibt sogar eine ca. 30 m lange Holzbrücke, die Brücke „Puente de los Suspiros“, die man bauen musste um zu der Kirche Santisima Cruz de Barranco zu kommen, die auf einem kleinen Hügel liegt (leider waren Pforten geschlossen, um sie in ihrer voller Pracht von innen zu sehen). Die Holzbrücke besagt, dass man während man die Brücke überquert die Luft anhalten und sich was wünschen soll – da bin ich ja gespannt, ob mein Wunsch in Erfüllung geht. Ich bin wortwörtlich über die Brücke, fest an den Gedanken meines Wunsches, gerannt….ich gebe mein Geheimnis preis, wenn es sich ereignet….Unter der Brücke führt ein romantischer Weg an vielen alten Villen vorbei zum Seebad. Das Seebad, das schon lange nicht mehr das ist was es war. Ein Hauch der Vergangenheit. Im Barranco Viertel selber, sind viele alte Häuserwände sind mit Malereien von bekannten Künstlern verziert, die dem ganzen kunterbunte Farben geben und das Viertel wieder zum Leben erwecken, denn viele der Villen sind in der Zwischenzeit verlassen und unbewohnt, einige Hippies haben sie bereits bereits besetzt. Am Plaza de Armas im obersten Viertel befindet sich noch eine grosse, koloniale Kirche und das pinkfarbene Rathaus mit einer Touristeninformation.  Die Gartenanlage drum herum ist mit unendlich vielen Blumen und blühenden Bäumen – die Nostalgie an diesem Platz ist wie in einem Märchenfilm.

An einem kleinen Strassenzug mit vielen historischen Gebäuden, lasse ich mich nieder um mal wieder „Gourmet“ der peruanischen Küche zu werden – das Essen hier ist echt sooo gut. Essen mit allen Sinnen. Während des Essens unterhalte ich mich entspannt mit einem jungen Kellner aus Venezuela und einer älteren Peruanerin – alle so nett und unterhaltsam und so ungezwungen. Bleibt nur noch aus, Concha zu besuchen, die eine Bar namens „La noche“ im Barranco Viertel hat. Meine Ärztin Maria gab mir den Kontakt – aber wie der Name bereits sagt, die Bar hat nur bei Nacht auf und Concha ist in Italien – Glück gehabt, dass ich nicht wegen ihr den langen Weg hierher angetreten habe.

Ich mache mich auf dem Heimweg zu meinem Hostal – es ist 14 Uhr, wer weiss wie lange ich brauche, bis ich zurück bin. Mit dem unendlichen Stau kann es Stunden dauern aber zu meinem Erstaunen bin ich in guten 1 ½ Stunden zurück, packe meine Koffer und mache mich mit Christians Papa zu Fuss auf zum Flughafen – keiner will mich so recht aus den Augen lassen. Die Verabschiedung von dieser netten Familie fällt mir sehr schwer. Sie sind so lieb und gastfreundlich und immer mit einem Lächeln. Vorallem die Mama Nancy.

Bald sitze ich im Flieger Richtung Iquitos, Amazonas, wo mir, in meiner Sitzreihe die nächste Überraschung begegnet: Roger & Elena mit ihrem 14 Monate alten Sohn aus Rom, Italien. Ein junges Paar, dass 2 Monate in Südamerika unterwegs ist und spirituelle Kurse gibt und sich somit ihre Reise organisiert. Mir kommt es so vor als ob ich auf einer magischen Reise in den Amazonas bin. Überall redet man darüber, dass der Amazonas was ganz Besonderes ist mit seinen Urvölkern im Dschungel und all ihren Überlebungsriten, Pflanzen & Heilkunden und umstrittenen Medizinmännern & Frauen…und neben mir habe ich ein Paar sitzen, wo nur noch der Zauberstab fehlt. Selbst der kleine Junge macht mit den Händen schon Hokus Pokus Zeichen, während er mir intensiv in meine Augen schaut und mir zulächelt. Elena hält mir ihr Hand hin, ich lege meine auf ihre und wir geben uns auf die Reise des Universums, wo alle Menschen sich verbunden und nahe sind. Während dessen sehe ich in meinem Herzen einen bunten Vogel mit einem grossen, orangefarbenen Schnabel, der mich wissen lässt, dass ich tief im Innern frei bin, frei für die Liebe, frei für das Leben und dass ich einfach nur loslassen muss, um die Freiheit zu spüren…keine falschen Verpflichtungen & Versprechungen, einfach mir selber treu bleiben und alles wird zu mir kommen, was zu mir kommen soll, vor allem in Sachen Liebe…na da bin ich aber mal neugierig, wo mich dieser sinnbildliche „Fluss“ hintreibt. Ich erzähle ihr, was ich spürte, während unsere Handflächen uns berührten. Sie lächelt mir nur an. Ihre Augen sagen mehr als Worte.

Es wäre einmalig, die beiden nochmals zu treffen – wir tauschen unsere Nummern aus. Wer weiss, wann und wo, vielleicht noch im Amazonas?

Als wir aus dem Flieger steigen ist bereits dunkle, dunkle Nacht. Auf der Rampe kommt uns feuchtwarme Luft entgegen und dieser Duft von Vegetation & Natur pur – wir sind in den Tropen, aus mir Frühlingstemperaturen wie in Lima und Trujillo.

Ein Tuk Tuk wartet bereits schon auf mich, als ich mit meinem Koffer und Rucksack den Flughafen verlasse und bringt mich querbeet durch Iquitos zu meinem Hostal. Eine sehr alte und riesige Stadt mit vielen kolonialen Gebäuden. Auf der Welt eine der grössten Städte, die man nur mit dem Schiff oder Flieger erreichen kann. Für mich wirkt die Stadt wie Chaos pur. Der Zahn der Zeit nagt an ihr; verfallene Häuser, holprige, staubige Strassenbedingungen, Schmutz überall und alte Autos, Motorräder & sonstige, undefinierbare Transportmittel, die das Vorankommen auf der Strasse fast unmöglich machen. In Sachen Städte kann man Asien kaum von Südamerika unterscheiden, das könnte genauso gut Hanoi, Siemp Reap oder Yangoon sein. Mein Hostal Iquitos Backpackers Inn, wieder mal eine kleine Bruchbude. Anscheinend können sich die Hostal zwischenzeitlich besser online präsentieren, als sie in Wirklichkeit sind, sie haben dazu gelernt. Brandon, mein Host, steht schon an der Türe und empfängt mich lächelnd, was vieles wett macht…lach. Ich trete in einem muffigen, dunklen, heruntergekommenen Gang ein, wo linkerhand die Türen zu den Zimmern und den Gemeinschaftsbädern abgeht. Die nächsten zwei Nächte werde ich in einem Dorm mit vier Betten schlafen und Air Condition – gut bei dieser tropischen Hitze. Zwei Jungs teilen mit mir den kleinen Raum. Im Innenhof steht ein kleines Plantschbecken – nichts zum Reinspringen, das Wasser ist gerade mal 30 cm tief. Bei Booking.com ist es als „POOL“ deklariert. Vielleicht ist es auch für unsere Handwäsche? Lach. Das sind die Backpacker, die mit minimum an Budget auf Reisen gehen – und jeder denkt ich hause hier in Nobelhotels. Als Alleinreisende brauche ich den ganzen Luxus nicht – wenn natürlich „der Richtige“ dabei ist, ändern sich natürlich auch meine Ansprüche! Es ist fast 24 Uhr – und ich bin müde, und wenn ich müde bin, kann ich sowieso überall schlafen!

 

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